Sechs Einblicke in den Bundestag

Das Reichstagsgebäude in Berlin. Hier hat der Bundestag seinen Sitz. Foto: pixabay/Enrico Elzi

Sitzungen im Bundestag dauern oft bis spät in die Nacht. Und könnten ohne Bögen, Kringel und weiße Handschuhe nicht stattfinden. Teil 21 unserer Wahlserie gibt sechs Einblicke in den Bundestag. 


Der Zweiraum-Adler

Den großen Bundesadler im Plenarsaal hat sicher jeder schon einmal gesehen. Im Fernsehen. Auf Zeitungsbildern. Er hängt an einer Glasscheibe – und ist so groß wie eine Zweiraumwohnung: Mit seinen Maßen bringt es das Aluminium-Tier auf mehr als 55 Quadratmeter. 

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Geschlafen wird später 

Freitag, 31. Januar 2025, 2.19 Uhr. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau beendet den 210. Sitzungstag. Mehr als 20 Tagesordnungspunkte liegen hinter den Abgeordneten. Zusammengenommen fast 17,5 Stunden Debatte. Viel Zeit zum Schlafen bleibt den Abgeordneten nicht: In nicht einmal sieben Stunden geht es schon weiter. 

Der 210. Sitzungstag war lang. Aber nicht der längste: Den Rekord hält der 24. November 1949. Dieser Sitzungstag begann 10.20 Uhr und endete, Unterbrechungen mit eingerechnet, am darauffolgenden Morgen, um 6.23 Uhr. Grund: Ein Zwischenruf von Kurt Schumacher (SPD). Darin bezeichnete er Konrad Adenauer (CDU) als „Bundeskanzler der Alliierten“. Der Protest war groß, die Unruhe laut. Der Bundestagspräsident unterbrach für drei Stunden die Sitzung. Wer die Debatte nachlesen möchte: Hier geht’s zum Plenarprotokoll… 

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Stets zu Diensten 

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Wenn Abgeordnete im Plenarsaal ans Rednerpult treten, bekommen sie ein Glas Wasser. Die Frauen und Männer, die es auf einem Silbertablett servieren, ziehen dabei viele Besucherblicke auf sich. Frack, Frackkostüm und weiße Handschuhe – so etwas fällt auf. Abgeordneten das Wasser zu reichen ist nur eine Aufgabe der Saaldiener. Sie lösen auch das Klingelzeichen aus, das die Abgeordneten in den Saal ruft. Sie messen die Redezeiten, kontrollieren, ob in den Schubladen der Abgeordnetentische das Grundgesetz und die Geschäftsordnung des Bundestags liegen, sortieren die Stimmkarten in die Abgeordnetenfächer, legen wichtige Drucksachen aus. Und wenn Abgeordnete Kopfschmerzen plagen, sind die „Mitarbeiter des Plenarassistenzdienstes“ – so die offizielle Bezeichnung der Saaldiener – bei Bedarf auch mit einer Tablette zur Stelle. 


Ein Königreich für einen Turm

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Das Reichstagsgebäude ist buchstäblich steinreich. Mehr als 32 Millionen Ziegelsteine wurden hier verbaut. Markant sind, neben Glaskuppel und Säulenportal, die vier Türme. Sie stehen für die vier Königreiche Preußen, Sachsen, Bayern und Württemberg, die den Zusammenschluss zum Deutschen Reich 1871 mittrugen. Auf jedem Turm stehen vier Sandsteinfiguren. Sie symbolisieren unter anderem den Handel, die Schifffahrt, den Ackerbau, Kunst und Literatur. In den Türmen befinden sich Fraktionsräume. 


Heiliger Bimbam

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In den Sitzungswochen läuten donnerstags und freitags, 8.30 Uhr, im ersten Obergeschoss die Glocken des Kölner Doms. Hier, im südöstlichen Teil, zwischen Treppenhaus, Aufzügen und Toilette, befindet sich der Andachtsraum des Bundestags. Gestaltet hat den Raum, der sich als überkonfessioneller Ort der Ruhe und Besinnung versteht, der Künstler Günther Uecker. Warum in Berlin die Glocken des Kölner Doms läuten? Das geht auf Konrad Adenauer zurück. Er entschied 1949, dass das vom Band gespielte Läuten die Abgeordneten zum gemeinsamen Gebet rufen soll. Diese Tradition wurde beim Umzug des Bundestags mit in die Hauptstadt genommen. 


Gesagt ist gesagt

Stellen Sie sich vor, Sie hören einen Vortrag und sollen mitschreiben. Wie viele Wörter würden Sie in einer Minute schaffen? Vierzig? Fünfzig? Sechzig? In Bundestagssitzungen würde man in diesem Tempo nicht weit kommen. Hier muss jedes gesprochene Wort, jedes Klatschen, jeder Zuruf, jedes Schimpfen handschriftlich festgehalten werden. Das ist eine hohe Kunst. Die nur wenige beherrschen: Parlamentsstenografen. An einem Sitzungstag sind 16 von ihnen im Einsatz. In Zweierteams. Jeweils fünf Minuten lang. Dann wird gewechselt. In Windeseile wandeln sie Wörter in lang gestreckte Bögen, kleine Kringel, krakelige Haken und Punkte um. Pro Minute schaffen sie bis zu 400 Silben. Zurückverwandelt in „normale Sprache“ entsteht Stück für Stück ein Wortprotokoll der gesamten Sitzung, das bereits am nächsten Tag auf der Internetseite des Deutschen Bundestags abrufbar ist.

Aber auch in ganz alten Sitzungen lässt sich stöbern: Die Datenbank enthält alle Plenarprotokolle seit Beginn der 1. Wahlperiode im September 1949. 


Die Serie zur Bundestagswahl 2025