Warum ist die EU wichtig für MV?

Vom / Landeskunde, LpB

Die Europäische Kommission inn Brüssel. Foto: Dimitris Vetsikas, Pixabay

Eine neue Folge aus der Reihe: Fragen an die LpB. Warum ist die Europäische Union wichtig für Mecklenburg-Vorpommern? Weil unser Bundesland politisch und geographisch mitten im Geschehen steckt, heißt die Antwort von Lars Tschirschwitz. Mecklenburg-Vorpommern sähe ohne die EU heute anders aus. Hier die Hintergründe.

Die Europäische Union baut als Gemeinschaft von Nationalstaaten auf gemeinsame Werte. Welche sind das?

Die politische Dimension der Europäischen Union wird für die meisten Menschen in den gemeinsamen Werten „Würde des Menschen“, „Freiheit“, „Demokratie“, „Rechtstaatlichkeit“, „Gleichstellung“ und „Menschenrechte“ erfahrbar. Der Sicherung dieser Werte, festgehalten im Vertrag von Lissabon und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sollen Politik und Strukturen der Union dienen. Alle EU-Bürgerinnen und -Bürger haben das Recht auf freie Wahl des Wohnortes und des Arbeitsplatzes innerhalb der Union. Sie haben außerdem das aktive Wahlrecht für das Europäische Parlament, in manchen Staaten im Alter von 18, in anderen schon mit 16 Jahren. Aufgabe des Europäischen Gerichtshofes ist es, in zentralen Rechtsfragen für die Sicherung dieser Werte zu sorgen. Manche Fußballfans erinnern sich vielleicht noch an das Bosman-Urteil von 1995, mit dem der EuGH einem belgischen Profi-Fußballer das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit bestätigte und damit im europäischen Profi-Fußball insgesamt die Rechte der Spieler stärkte. Aber nicht nur die Menschen in der EU können sich frei bewegen. Der Wohlstand, auch unseres Bundeslandes, hängt in hohem Maße vom freien Handel in der EU ab.

Welchen Vorteil hat MV vom freien Warenverkehr innerhalb der EU?

Mecklenburg-Vorpommern exportierte 2019 Waren im Gesamtwert von 7,2 Milliarden Euro in alle Welt, davon Waren im Wert von rund einer Milliarde an die beiden Ostseenachbarn Polen und Dänemark. Das meiste wurde jedoch in die Niederlande exportiert (715 Mio.), die bekanntlich auch zur EU gehören. Diese Zahlen deuten an, wie wichtig der zollfreie Warenverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten für Mecklenburg-Vorpommern ist. Bei den Warenimporten sieht es ähnlich aus: Fast zwei Milliarden Euro betrug 2019 der Wert der importierten Waren aus den EU-Staaten Finnland, Polen und Niederlande, was gut 30 Prozent des Gesamtwerts an Importen entspricht. Für bessere Handelsmöglichkeiten sind aber nicht nur diese Zahlen wichtig. Mecklenburg-Vorpommern mit seinen rund 1,6 Millionen Einwohnern ist Teil der Handelsmacht EU. Dies ist ein Markt, der aktuell 446 Millionen Menschen umfasst. Jedes Land, das mit MV Handel treiben will, muss dies entsprechend der EU-Standards tun. Das Gewicht der EU ist bei der Verhandlung von Handelsabkommen mit Drittstaaten also von großer Bedeutung – zum Nutzen kleinerer Einheiten wie Mecklenburg-Vorpommern.

Aber in der Europäischen Union sind sich oft doch längst nicht alle einig. Wie kann MV sich dort für seine Interessen einsetzen?

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, das allein EU-Gesetze verabschiedet, sind nicht einfach Repräsentanten der jeweiligen Nationen. Sie sind auch dafür verantwortlich, die Interessen der europäischen Regionen unterhalb der nationalstaatlichen Ebene zu vertreten. In Deutschland sind dies u. a. die Bundesländer. Mecklenburg-Vorpommern hat dort aber keine „eigenen“ Abgeordneten, sondern in den Parlamentsfraktionen sind ein oder mehrere Abgeordnete für die Belange eines oder mehrerer Bundesländer zuständig, abhängig von deren Größe. So haben die Bundesländer in jeder Fraktion Gewicht und die Parteien stehen im Wettstreit um die bestmögliche Wahrung und Durchsetzung der Länderinteressen. Dies ist umso wichtiger, als vom Europäischen Parlament verabschiedete Gesetze Vorrang vor nationalen Gesetzen haben.

Was kann unser Bundesland im Ausschuss der Regionen bewirken?

Die EU hat keine Verfassung. Stattdessen regelt der von den Mitgliedstaaten unterzeichnete, seit 2009 gültige „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ das Zusammenspiel der europäischen Institutionen. Der Vertrag nennt ausdrücklich die Funktion und Befugnisse des Ausschusses der Regionen. Er wird als beratendes Gremium mit 350 vom EU-Rat zu ernennenden Mitgliedern genannt. Diese dürfen keine EU-Parlamentarier sein und stammen in der Regel aus den vielen Regionen und Städten der EU. Mecklenburg-Vorpommerns Vertreter ist zur Zeit der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack. Der Ausschuss hat dem EU-Parlament und dem EU-Rat gegenüber beratende Funktion. Die EU-Kommission ist verpflichtet, ihm in regelmäßigen Abständen Bericht zur erstatten. Dadurch ist es MV möglich, zusammen mit anderen Ausschussmitgliedern, die ähnliche Interessen haben, gemeinsam Einfluss auf die Politik der EU zu nehmen.

Von welchen EU-Förderprogrammen und -Subventionen profitiert unser Land am meisten?

Strukturschwache Regionen wie MV werden über den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert. Die aktuelle Förderperiode begann 2014 und läuft mit dem Jahr 2020 aus. In diesem Zeitraum erhielt das Land 384,6 Mio. Euro aus dem ESF, der wirtschaftliche und soziale Förderprogramme sowie solche für Bildung und Ausbildung finanziert. In MV werden z. B. Schulsozialarbeiter über ESF-Mittel finanziert, auch Maßnahmen zur Integration von Migranten werden vom ESF gedeckt. Im gleichen Zeitraum standen dem Land aus dem ELER 936,7 Millionen Euro zur Verfügung. Zusammen mit Mitteln aus Bund, Ländern und Kommunen ergab sich eine Gesamtfördersumme von rund 1,2 Mrd. Euro, die vor allem für die Sicherung der biologischen Vielfalt, die Wasser- und Bodenbewirtschaftung und den Schutz von Lebensräumen (40,6%), soziale Inklusion und wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Räumen (28,3%) und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben (16,2%) verwendet werden. Nicht zuletzt das Verhältnis der EU-Mittel zu anderen Förderquellen zeigt, welche Bedeutung die Einbindung Mecklenburg-Vorpommerns in die Europäische Union hat.

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