„Die Länder entscheiden“

Vom / LpB, Politik

Abstand halten. Bild: Gerd Altmann, Pixabay

Föderalismus im Krisenmodus, Teil 2 der Serie „Fragen an die LpB“. Das Thema heute – Kontaktverbote. Wer hat bei Entscheidungen das letzte Wort: Bundeskanzlerin oder Bundesländer?

Steffen Schoon, LpB: Die Länder. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung kann die Bundeskanzlerin bzw. die Bundesregierung in der Bundesrepublik nicht „durchregieren“. Sie ist vielmehr zahlreichen Beschränkungen unterworfen. Die föderale Struktur der Bundesrepublik stellt eine solche Machtbeschränkung des Bundes, also von Bundestag und Bundesregierung, dar – und zudem noch eine ziemlich starke. Das ist so gewollt und wird auch als „vertikale Gewaltenteilung“ bezeichnet. Eine wesentliche Funktion des Föderalismus besteht ja nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit der NS-Diktatur (1933-1945) gerade darin, zentralstaatliche Macht zu „brechen“. Dies gilt insbesondere für die sensiblen Kernbereiche eines Staates, die innere Sicherheit und das Bildungswesen. Und auch die Zuständigkeit für Medienpolitik sollte nie mehr in nur einer Hand konzentriert sein.

Zum Verständnis: Die Länder bilden den Bund, nicht umgekehrt! Im Grundgesetz ist daher klar geregelt, dass alles, was nicht ausdrücklich als Verantwortungsbereich des Bundes benannt ist, ausschließlich von den Ländern geregelt wird (Art. 30 GG). Über Kontaktverbote zum Beispiel entscheiden die Länder im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die innere Sicherheit und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Polizei- und Ordnungsrecht). Zwar gibt es das Bemühen zwischen den Ländern und dem Bund, eine möglichst weitgehende Übereinstimmung der Maßnahmen zu verabreden. Am Ende können die Länder aber ganz allein für sich entscheiden.

Unsere Serie

Teil 1: Kitas und Schulen. Restaurants und Hotels. Kinos und Schwimmbäder. Im Kampf gegen das Corona-Virus hat die Landesregierung viele Einrichtungen geschlossen. Warum musste der Landtag nicht zustimmen?

Steffen Schoon, LpB: Die rechtliche Grundlage für diese Einschränkungen bildet das Infektionsschutzgesetz. Dieses ist ein Bundesgesetz, das vom Bundestag – mit Zustimmung des Bundesrates – beschlossen wurde. Die Länder, und damit die einzelnen Landtage, haben hier keine eigene Gesetzgebungskompetenz. Das Infektionsschutzgesetz ermächtigt jedoch ausdrücklich die Landesregierungen, durch Rechtsverordnungen geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Hierzu können auch Verbote gehören.

Zum Verständnis: Grundsätzlich muss man zwischen Gesetzen und Verordnungen unterscheiden. Gesetze können nur von den jeweiligen Parlamenten, also Landtag oder Bundestag, beschlossen werden. Gesetze sind zumeist eher allgemein formuliert und können nicht für jeden Einzelfall eine Regelung enthalten. Um ein Gesetz zu beschließen, benötigt man zudem viel Zeit, u.a. weil die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Gesetzgebungsprozesses einzuhalten sind. Die konkrete Ausgestaltung von Gesetzen erfolgt daher zumeist über Verordnungen, die ausschließlich von der Regierung erlassen werden. In den Gesetzen muss aber eine Klausel stehen, mit der die Regierung ermächtigt wird, konkrete Ausführungsbestimmungen des Gesetzes zu verfügen.

Lesen Sie am Samstag – Teil 3: In MV können Baumärkte wieder öffnen. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg dürfen sie das schon länger. Wieso gibt es keine bundesweit einheitlichen Regelungen?

Hintergründe

Was ist Föderalismus? Hier der Beitrag auf www.politik-mv.de

MV im Bund und in Europa. Hier der Beitrag auf www.politik-mv.de

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