„Geschichte verblasst schnell…“

Vom / Landeskunde, Zeitzeugen

Seit 25 Jahren ist der 27. Januar der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. 1996 hielt Bundespräsident Roman Herzog die erste Rede zum Gedenktag. Hier das Video, ein Auszug zum Nachlesen – und die Hintergründe.

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Auschwitz steht symbolhaft für millionenfachen Mord – vor allem an Juden, aber auch an anderen Volksgruppen. Es steht für Brutalität und Unmenschlichkeit, für Verfolgung und Unterdrückung, für die in perverser Perfektion organisierte „Vernichtung“ von Menschen. Die Bilder von Leichenbergen, von ermordeten Kindern, Frauen und Männern, von ausgemergelten Körpern sind so eindringlich, dass sie sich nicht nur den Überlebenden und den Befreiern unauslöschlich eingemeißelt haben, sondern auch denjenigen, die heute deren Schilderungen nachlesen oder Bilddokumente betrachten.

Warum diese Rückschau heute, nach über 50 Jahren? Warum vor allem unser Wille, die Erinnerung lebendig zu halten? Wäre nicht auch der Wunsch verständlich, Gewesenes zu vergessen, die Wunden vernarben und die Toten ruhen zu lassen? Tatsächlich könnte heute das Vergessen eintreten; denn Zeitzeugen sterben, und immer weniger Opfer können das Grauen des Erlittenen persönlich weitertragen. Geschichte verblasst schnell, wenn sie nicht Teil des eigenen Erlebens war.

Deshalb geht es darum, aus der Erinnerung immer wieder lebendige Zukunft werden zu lassen. Wir wollen nicht unser Entsetzen konservieren. Wir wollen Lehren ziehen, die auch künftigen Generationen Orientierung sind.

Gehalten am 19. Januar 1996. Die komplette Rede von Roman Herzog – hier

Der Tag des Gedenkens

Die Initiative für die Einführung ist vom damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, ausgegangen. Schnell gab es überparteiliche Zustimmung. Auf Bitten des Bundestages erklärte Bundespräsident Roman Herzog schließlich den 27. Januar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Weitere Infos – hier

Der Gedenktag erinnert an die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz am 27.1.1945, in dem mehr als eine Million Menschen ermordet wurden. Der Hintergrund der Bundeszentrale für politische Bildung – hier

Das KZ Auschwitz-Birkenau. Aufnahme: Stanisław Mucha (Quelle: Bundesarchiv)

Als Zeichen der Erinnerung werden am 27. Januar die Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gehisst. Im Mittelpunkt steht die Gedenkstunde im Bundestag. Zu den Gastrednern zählten in der Vergangenheit u.a. die Bundespräsidenten Roman Herzog (1996 und 1999), Horst Köhler (2009) und Joachim Gauck (2015) sowie die israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres (2010) und Reuven Rivlin (2020). In diesem Jahr sind die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sowie die Publizistin Marina Weisband als Rednerinnen eingeladen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble wird die Gedenkstunde m Mittwoch um 11 Uhr im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes in Berlin eröffnen.

Die Gedenkstunde wird live auf www.bundestag.de übertragen.

International Day of Commemoration

Im November 2005 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen den 27. Januar zum „International Day of Commemoration in Memory of the Victims of the Holocaust“ bestimmt. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete den Gedenktag als eine „wichtige Mahnung an die universelle Lektion des Holocaust“. Die Resolution – hier

Hintergründe

  • Mit einer Open-Air-Ausstellung in der Nähe des Berliner Holocaust-Mahnmals erinnert das Internationale Auschwitz Komitee an die Befreiung des Konzentrationslagers vor 76 Jahren. Die Infos – hier
  • Kurz vor Kriegsende finden die Gräueltaten der Nationalsozialisten einen neuen Schauplatz – in Wöbbelin. Unweit des Dorfes, direkt an der Straße zwischen Ludwigslust und Schwerin, entsteht im Februar 1945 eines der letzten Konzentrationslager. Weiterlesen
  • Die Gedenkveranstaltung „Erinnern, betrauern, wachrütteln“ für die Opfer der „NS-Euthanasie“ und Zwangssterilisierung wird am 27. Januar digital gezeigt. Den kostenfreien Download gibt es hier: kathrin.boegner@sozialpsychiatrie-mv.de. Betreff: Landesweite Gedenkveranstaltung.
  • Die Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg gehört zu den zentralen Orten der nationalsozialistischen Medizinverbrechen auf dem heutigen Gebiet von MV. Mindestens 1.900 Menschen fielen der „NS-Euthanasie“ zum Opfer. Darunter dieser Junge aus Wismar.
  • Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Stavenhagen 1750-1942. In ihrem Buch erinnert Dorothee Freudenberg an Familienschicksale im Nationalsozialismus. Hier ein Auszug aus: Die Deportation der Mecklenburger Juden.
  • In der Reichspogromnacht sind 1200 Synagogen niedergebrannt und mindestens 8000 jüdische Geschäfte von Nazis verwüstet worden. Auch in Schwerin. Am Kaufhaus von Louis Kychenthal prangte bald danach die Aufschrift: „Dieses Geschäft ist in arische Hände übergegangen.“ Weiterlesen

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