Erste Stolperschwelle in Schwerin

Vom / Landeskunde, Zeitzeugen

Gunter Demnig setzt die Stolperschwelle ein. Fotos: Wiebke Marcinkowski

Eine Stolperschwelle erinnert jetzt in Schwerin an 290 Opfer von nationalsozialistischen Medizinverbrechen. Der Aktionskünstler Gunter Demnig hat die Plakette vor dem Eingang der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg verlegt. Hier unsere Bilder.

Auch Stolpersteine hat Gunter Demnig am Dienstag verlegt.
Der Aktionskünstler Gunter Demnig

Hintergrund

Auch Stolpersteine hat Gunter Demnig am Dienstag verlegt – bereits zum achten Mal in Schwerin. Sie wurden jeweils vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Opfer in den Gehweg eingelassen. Die Inschrift beginnt mit den Worten „Hier wohnte…“. Neben drei Stolpersteinen für jüdische Opfer wurde erstmals auch ein Stolperstein für ein homosexuelles Opfer des NS-Regimes verlegt. Der Stein erinnert an Paul Junker, bis 1938 Prokurist eines großen Kaufhauses in der Stadt. Als schwuler Mann sei er im Januar 1939 verhaftet und verurteilt worden, so die Stadt. Er starb am 28. Januar 1939 in Haft.

In Schwerin sind bisher 82 Stolpersteine verlegt worden – finanziert aus Spenden von Bürgerinnen und Bürgern, denen es wichtig ist, dass Geschichte lebendig bleibt.

Das Stolpersteine-Projekt von Demnig begann 1992. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, so genannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal von Menschen erinnert werden, die von Nazis verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Der Text auf der ersten Stolperschwelle in Schwerin lautet:

1867 GRÜNDUNG DER ANSTALT FÜR GEISTESSCHWACHE KINDER AUF DEM LEWENBERG

ZWISCHEN AUGUST 1939 UND SEPTEMBER 1941 STERBEN 72 BEWOHNER

AM 1. AUGUST 1941 WERDEN ELF LANGJÄHRIGE BEWOHNER NACH BERNBURG „VERLEGT“ UND ERMORDET – „AKTION T4“

207 PFLEGLINGE WERDEN 1941 IN DIE „KINDERFACHABTEILUNG“ SCHWERIN-SACHSENBERG „VERLEGT“ UND DURCH ÜBERDOSIERTE MEDIKAMENTE ERMORDET

Weitere Informationen zum Stolperstein-Projekt gibt es bei Sabine Klemm, c/o KISS, Telefon 0385/39 24 333 oder info@kiss-sn.de

Extra

Tod auf dem Lewenberg

Günter Nevermann. Der Junge starb 1942 in der Schweriner Klinik. Aus dem Buch: Die Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg 1939-1945. Foto: Familie Nevermann

Die Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg gehört zu den zentralen Orten der nationalsozialistischen Medizinverbrechen auf dem heutigen Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern. Zwischen 1939 und 1945 wurden Patienten nach Schwerin gebracht und ermordet. Darunter Günter Nevermann, ein Junge aus Wismar. Weiterlesen

Lesen Sie weiter

Das Schicksal der Kychenthals

Stolpersteine am Schweriner Markt erinnern an die Kychenthals. Foto: Marcinkowski

In der Reichspogromnacht sind 1200 Synagogen niedergebrannt und mindestens 8000 jüdische Geschäfte von Nazis verwüstet worden. Auch in Schwerin. Am Kaufhaus von Louis Kychenthal prangte bald danach eine Aufschrift: „Dieses Geschäft ist in arische Hände übergegangen.“ Weiterlesen

Kaba-Klein und das Kurhaus

Adalbert Bela Kaba-Klein, 1957.
Archiv: Prora-Zentrum

Ein Stolperstein vor dem Kurhaus Binz erinnert an Adalbert Bela Kaba-Klein. Er war Eigentümer des Hotels, wurde von den Nazis enteignet, verhaftet, konnte bei der Deportation entkommen und überlebte im Untergrund. Weiterlesen

Facebook