Tödliche Ostseefluchten

Buchvorstellung in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern. Fotos: Wiebke Marcinkowski

„Tödliche Ostseefluchten aus der DDR 1961-1989. Ein biografisches Handbuch.“ Am Mittwoch ist das Buch in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin vorgestellt worden. Hier unsere Bilder, der Bericht – und der Link zur Bestellung.


Das Handbuch ist das Ergebnis eines Forschungsverbundes, der von 2018 bis 2023 Todesfälle von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern untersuchte, die die risikovolle Flucht in den Westen wagten.

Staatssekretärin Susanne Bowen

Insgesamt wurden 656 Ertrinkungstote in der Ostsee für den Zeitraum von 1961 bis 1989 ermittelt. Von diesen ließen sich 135 als Fluchtversuche bestätigen, die tödlich ausgingen. Die meisten tödlichen Fluchtversuche über die Ostsee ereigneten sich kurz nach dem Mauerbau in den Jahren 1961 und 1962. Der Anteil der Frauen unter den Opfern betrug 10 Prozent; die meisten Flüchtlinge waren Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 16 und 30 Jahren.

„Menschen, die in der DDR den gefährlichen Weg über die Ostsee zur Flucht wählten, wollten frei sein und über ihr Leben selbst bestimmen. Das war ihr einziges Vergehen. Die SED hat unermessliches Leid verursacht, für die Flüchtlinge und ihre Angehörigen“, sagte Staatssekretärin Susanne Bowen am Mittwoch in Schwerin. „Das Forschungsprojekt und die daraus entstandene Publikation zeichnen persönliche Schicksale und persönliches Leid nach. Und sie dokumentieren auch den überzeichneten, autoritären Besitzanspruch, den das DDR-Regime gegenüber den Menschen hatte. Ich bin froh, dass wir bei der Fertigstellung dieser wichtigen Forschungsarbeit helfen konnten.“

Prof. Dr. Hubertus Buchstein, Jochen Schmidt, Susanne Bowen

Das zunächst vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Forschungsvorhaben setzte sich aus drei Teilprojekten zusammen, für die jeweils eine der drei Universitäten Berlin, Potsdam und Greifswald zuständig war.

Prof. Dr. Hubertus Buchstein, Universität Greifswald

Das Teilprojekt der Universität Greifswald wurde von Prof. Dr. Hubertus Buchstein geleitet und für vier Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern finanziert. Ziel war es, die Todesfälle bei Fluchtversuchen über die Ostsee weiter zu untersuchen. Das Forschungsteam versuchte, genaue Zahlen der ertrunkenen Menschen bei Fluchtversuchen zu ermitteln und vor allem ihre Lebensgeschichten zu erforschen.

Wegen auslaufender Bundesmittel stand das Projekt Anfang 2023 vor dem Aus. Die Landesregierung finanzierte die Fortführung des Teilprojektes in Greifswald mit 100.000 Euro aus dem Forschungsetat des Wissenschaftsministeriums und ermöglichte so die Fertigstellung des Buches und der dazugehörigen Forschungsarbeit. Herausgegeben und finanziert wird die Buchauflage über die Landeszentrale für politische Bildung (LpB).

Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung

„Das Buch gibt den Toten ihre Namen und ihre Gesichter und damit ihre Würde zurück“, so Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung. „Durch die intensive Kooperation zwischen Forschenden und historisch-politischen Bildnern gelingt außerdem ein beeindruckender Transfer der Ergebnisse für die konkrete Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern.“

Jochen Schmidt, Susanne Bowen, Prof. Dr. Hubertus Buchstein, Dr. Jenny Linek (Universität Greifswald) und Dr. Steffi Brüning (Dokumentations- und Gedenkstätte ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt Rostock)

Das Buch

Tödliche Ostseefluchten aus der DDR 1961-1989.
Schwerin 2025 | 410 Seiten | LpB | 25 Euro

Autorinnen und Autoren

Henning Hochstein, Jenny Linek, Merete Peetz. Unter Mitarbeit von Hubertus Buchstein, Jane Gerhardt, Björn Ahters, Leoni Gau, Maya Miller und Finja Schöbel

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