Die Managerin der Wahl

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Gudrun Beneicke ist seit Ende 2017 Landeswahlleiterin. Foto: S. Kuska

16 Tage noch, dann sind Wahlen. Seit mehr als einem Jahr bereitet Gudrun Beneicke sie vor. Als Landeswahlleiterin ist sie die oberste Managerin der Wahl in MV. Sie ist die erste, die viele Monate vor dem Wahltag mit der Arbeit beginnt. Und in der Wahlnacht die letzte, die im Büro das Licht ausknipst. 

Am 26. September sind Bundes- und Landtagswahlen. Wann sind für Sie die Vorbereitungen dafür gestartet? 

Das war ungefähr Mitte vergangenen Jahres, also zu einem Zeitpunkt, als weder die Verbindung von Bundestags- und Landtagswahl noch ein konkreter Wahltermin feststanden. 

Welche Phasen sind dabei besonders herausfordernd? 

Die erste große Herausforderung ist der Beginn des Wahlvorschlagsverfahrens. Das war Anfang Juli 2020. In dieser Phase suchen viele Parteien oder Vereinigungen, die Bewerber oder Landeslisten aufstellen wollen, aber auch Bewerber für Direktmandate unsere Unterstützung, damit sie in diesem Verfahren – zum Beispiel in puncto Beteiligungsanzeigen oder Unterstützungsunterschriften – nichts falsch machen. Für die Wahlen in diesem Jahr kam erschwerend hinzu, dass aufgrund der Pandemie die für die Aufstellung von Landeslisten und Direktkandidaten geltenden Regelungen so angepasst werden mussten, dass sie einerseits dem jeweiligen Bundes- und Landeswahlrecht und andererseits den Vorgaben des Gesundheitsschutzes Rechnung tragen. Besonders erwähnenswert sind auch die Zeiten, in denen die Kreiswahl- und die Landeswahlausschüsse tagen. Sie entscheiden unter anderem über die Zulassung von Parteien und sonstigen Vereinigungen, über die Zulassung oder Zurückweisung von Direktkandidaten und Landeslisten, aber auch über Beschwerden zu Entscheidungen der Kreiswahl- und Stadtwahlausschüsse – also über sehr wichtige Schritte, die auf das Ergebnis einer Wahl Einfluss haben können. 

Können Sie an einigen Beispielen verdeutlichen, wie Corona die Wahlvorbereitung beeinflusst hat? 

Der Einfluss der Pandemie zeigt sich an verschiedenen Stellen. Anders als sonst war es diesmal zum Beispiel erlaubt, Versammlungen zur Kandidatenaufstellung virtuell durchzuführen. Auch die Mindestanzahl von Unterstützungsunterschriften wurde abgesenkt – für die Landtagswahl zum Beispiel von 100 auf 30. Die Stadt- und Kreiswahlleitungen haben sich um größere Wahllokale gekümmert und mehr Briefwahlbezirke gebildet. Infolgedessen müssen auch mehr Briefwahlvorstände gebildet und mehr Briefwahlunterlagen gedruckt werden. Nicht zuletzt werden alle Wahllokale mit Masken, Tests, Desinfektionsmitteln und zusätzlichen Kugelschreibern ausgestattet. 

Auf welche corona-bedingten Unterschiede müssen sich Wähler/innen im Vergleich zu vergangenen Wahlen am Wahltag einstellen?

Jedes Wahllokal unterliegt einem Hygiene- und Sicherheitskonzept, das mit den örtlichen Gesundheitsämtern abgestimmt ist. Dazu gehört ausreichend zu lüften, Mindestabstände einzuhalten sowie Handkontaktflächen und Stifte zum Wählen regelmäßig zu desinfizieren. Zudem regelt es, wie viele Wähler sich gleichzeitig im Wahllokal aufhalten dürfen. Alle Personen, also der gesamte Wahlvorstand, alle Wahlberechtigten, Hilfskräfte und Personen, die das Wahlverfahren beobachten wollen, sind verpflichtet, im und vor dem Wahllokal eine OP- oder FFP2-Maske zu tragen. Ausgenommen hiervon sind nur Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und Personen, die durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen, dass sie keiner Maskenpflicht unterliegen. Wer keine Mund-Nasen-Bedeckung mitbringt, dem wird eine angeboten. Wer das Tragen der Maske ablehnt, erhält keinen Zutritt zum Wahllokal.

In Restaurants spielt die Kontaktnachverfolgung über Apps oder Kontaktformulare eine große Rolle. Wie ist das am Wahltag im Wahllokal? 

Hier ist eine Kontaktverfolgung nicht nötig, weil sich Wähler/innen wahrscheinlich nicht länger als 15 Minuten im Wahllokal aufhalten werden, um ihre Stimme abzugeben. Aber auch für den Fall, dass es länger dauert, müssen sie sich nicht registrieren. Möchten sich Bürger/innen jedoch länger als 15 Minuten im Wahllokal aufhalten, zum Beispiel um die Wahlabläufe oder die Auszählungen zu beobachten, müssen sie ihre Kontaktdaten hinterlegen. Wer das verweigert, muss das Wahllokal verlassen. 

Endspurt Wahlvorbereitung: Welche Schritte stehen als nächstes an? 

In den kommenden Tagen übersenden die Kreise und kreisfreien Städte uns ihre Stimmzettel. Diese Daten werden dann in die Landeswahlsoftware eingegeben, damit die ausgezählten Stimmen in der Wahlnacht richtig zugeordnet werden können. Außerdem sind wir gerade dabei, die sogenannten Bewerberhefte für die Bundestags- als auch die Landtagswahl fertigzustellen. Diese Statistischen Hefte enthalten alle Bewerber der jeweiligen Wahl, aufgelistet nach Landeslisten, Kreiswahlvorschlägen und in alphabetischer Reihenfolge und sind wichtige Informationsquellen vor und nach den Wahlen. Darüber hinaus wird es eine Art technische Generalprobe geben – ein Test, bei dem wir gemeinsam mit den kommunalen Erfassungszentren das technische Zusammenspiel am Wahltag simulieren. 

Zwei große Wahlen gleichzeitig zu organisieren – bedeutet das für Sie doppelten Aufwand? Oder schlagen Sie dabei zwei Fliegen mit einer Klappe? 

Für alle Behörden, die sich um die Planung, Organisation und Durchführung der Wahlen kümmern, stehen hinter diesem einen Wahltermin zwei voneinander getrennte Wahlen. Dies beruht im Wesentlichen darauf, dass Bundes- und Landtagswahlen unterschiedliche Rechtsgrundlagen haben und somit jeweils „eigenen Gesetzen“ unterliegen, die genauestens beachtet und auseinandergehalten werden müssen. Von dieser Warte aus gesehen minimieren verbundene Wahlen für uns nicht den Aufwand. Für Wähler dagegen schon: Sie können sich mit einem Wahlgang an zwei Wahlen beteiligen. Auch für den Steuerzahler sind verbundene Wahlen günstiger. Zum Beispiel, weil für beide Wahlen nur eine Wahlbenachrichtigung verschickt wird oder Wahllokale gemeinsam genutzt werden können. 

Wie wird der Wahltag für Sie persönlich ablaufen – und wann bleibt für Sie Zeit zum Wählen? 

Am Wahlsonntag werde ich sehr früh ins Büro kommen und bleiben, bis die Kreis- und Stadtwahlleitungen alle Ergebnisse an die Landeswahlleitung übermittelt haben. Das kann sich bis in den frühen Morgen hinziehen. Ich bin dabei natürlich nicht alleine. Spätestens ab 8 Uhr stehen mir 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite. Gemeinsam werden wir uns den ganzen Tag um alle wahlorganisatorischen, wahlrechtlichen und wahltechnischen Fragen kümmern. Ich selbst werde per Briefwahl wählen, weil ich im Laufe des Tages vermutlich gar nicht dazu kommen würde, meine Stimme abzugeben. 

Zwei Wahlen auszuzählen und die Ergebnisse zu übermitteln, wird bis tief in die Nacht dauern. Wie halten Sie sich und Ihr Team wach? 

Die meiste Zeit des Tages werden wir sehr viel zu tun haben. Da hat Müdigkeit kaum eine Chance – und wenn doch, gibt’s Kaffee und Süßes. 

Was macht eine Landeswahlleiterin, wenn die Wahlen vorbei sind?

Wenn das endgültige Wahlergebnis feststeht, müssen wir all diejenigen, die über die Landesliste in den Landtag gewählt wurden, anschreiben und über ihr Mandat informieren. Verzichtet jemand auf sein Mandat, rückt ein anderer Kandidat oder eine andere Kandidatin von der Liste nach – und das Prozedere beginnt von vorn. Außerdem werden die vergangenen Wahlen ausgewertet, Publikationen dazu vorbereitet. In Gesprächen mit dem Bundeswahlleiter und den Kreiswahlleitern erörtern wir zudem den Ablauf der Wahl: Was lief gut? Wo gab es Probleme? Was lässt sich daraus für die nächsten Wahlen ableiten? 

Aber auch danach ist die Landeswahlleitung natürlich nicht arbeitslos. Das Wahlrecht und das Recht der Volksabstimmungen werden zudem ständig fortentwickelt. Als Landeswahlleiterin arbeite ich daran mit und bringe meine Erfahrungen aus der Praxis ein. 

Eine weitere Aufgabe ist die Betreuung und Auswertung von Volksabstimmungen, insbesondere von Volksinitiativen und Volksbegehren. Wenn die Unterschriften übergeben wurden, ist es Aufgabe der Landeswahlleitung, sie auszuzählen, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und das Ergebnis dem Landtag mitzuteilen. 

Auf welche Wahl arbeiten Sie als nächstes hin? 

Für mich sind die Bundes- und Landtagswahl die letzten beiden Wahlen, die ich als Landeswahlleiterin betreue. Landeswahleiter/in zu sein, obliegt automatisch der Person, die das Amt für Statistik leitet. Im Juli habe ich die Aufgabe der Ersten Direktorin des Landesamtes für innere Verwaltung übernommen – und damit die Leitung des Statistischen Amtes abgegeben. Die Oberbürgermeisterwahlen im kommenden Jahr in Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg werden dann von meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin begleitet. 


Stichwort: Die Landeswahlleiterin

… ist für die ordnungsgemäße Durchführung politischer Wahlen in MV verantwortlich. Sie bereitet die Wahlen vor, informiert die Öffentlichkeit über alle Fragen, die mit einer Wahl zusammenhängen und verkündet das amtliche Endergebnis. Sie führt den Vorsitz im Landeswahlausschuss und ist Beteiligte im Wahlprüfungsverfahren. Unterstützt wird sie von den Kreis- und Gemeindewahlleitungen, die die Wahlen vor Ort, in den Kreisen und Kommunen, leiten. Für Wahlen, die bundesweit stattfinden (Bundestags- und Europawahl) ist in oberster Instanz der Bundeswahlleiter zuständig. 

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