An der Straße zwischen Ludwigslust und Schwerin entsteht im Februar 1945 eines der letzten Konzentrationslager: das KZ-Auffanglager Wöbbelin. An die Gräueltaten der Nationalsozialisten erinnert der Verein Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Hier der Überblick.
- YouTube. Neu ist der 17-minütige Film (s.o.). Ein Rundgang mit Ramona Ramsenthaler, Leiterin der Mahn-und Gedenkstätten Wöbbelin. Hier
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Hintergrund
Das KZ-Auffanglager Wöbbelin existiert zehn Wochen. In dieser Zeit sterben mehr als 1000 Menschen. Hier der Hintergrund.
Es ist eine kalte Nacht, mitten im Februar 1945, als die Nazis 500 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg in Holzbaracken nahe Wöbbelin schaffen. Das kleine Lager, in das sie gebracht werden, gibt es seit Herbst 1944. Errichtet von Zwangsarbeitern und italienischen Kriegsgefangenen. Ein paar hundert Meter von hier sollen die Häftlinge zusammen mit Firmen aus der Umgebung ein Lager für amerikanische und englische Kriegsgefangene aus dem Boden stampfen. Bis 23. März kommen, verteilt auf zwei weitere Transporte, noch einmal 207 Häftlinge an. In diesen sechs Wochen sterben 82 Gefangene. An Kälte. Hunger. Harter Arbeit. Bei Fluchtversuchen.
Der jüngste Häftling ist neun
Im April, als die Alliierten immer näher rücken, räumt die SS etliche Konzentrationslager. Wöbbelin wird zum Auffanglager. Insgesamt rund 5000 Häftlinge aus mehr als 20 Nationen kommen hier an. Der jüngste ist gerade einmal neun. Die Zustände: Katastrophal. Das Lager ist noch nicht fertig. Die Steinbaracken haben keinen Fußboden. Keine Fenster. Kein Wasser. Auf dem Gelände – eine Wasserpumpe für alle. Zu Essen gibt es, wenn überhaupt, Wassersuppe und Brot. Jeden Tag sterben Häftlinge. Am Ende werden es mehr als 1000 sein.
Unterdessen kommen die Alliierten immer näher. Am 1. Mai treibt die SS die Häftlinge in einen Güterzug. Er fährt aber nicht los: Die Lok ist kaputt. Die Gefangenen kehren ins Lager zurück. Überall liegen jetzt noch mehr tote Menschen. Erschossen. Weil sie versuchten, sich zu verstecken.
Am 2. Mai stellt die SS noch einmal Häftlinge für einen Transport zusammen. 300 Deutsche. Auf dem Marsch Richtung Schwerin setzen sich die Wachmänner ab. Auch im KZ verlassen die Wächter das Gelände. 3500 bis 4000 Häftlinge bleiben zurück. Einige von ihnen gehen los. In die Freiheit. In Ludwigslust wird ein amerikanischer Soldat auf drei von ihnen aufmerksam, als sie in einem kaputten Schaufenster nach Kleidung suchen. Die Amerikaner folgen den Erklärungen – und finden das Lager. Der Leichengeruch schlägt ihnen schon von Weitem entgegen. In den Tagen nach ihrer Befreiung sterben noch einmal mehr als 180 Menschen.
Am 7. und 8. Mai 1945 setzen die Amerikaner die Toten aus dem Lager in Ludwigslust, Hagenow, Schwerin und Wöbbelin bei. Auf ihren Befehl hin muss die Bevölkerung dabei mithelfen und an den Bestattungen teilnehmen.
Stätte des Mahnens und Gedenkens
Nach seiner Räumung nutzt zunächst die Sowjetische Militäradministration das Gelände für evakuierte, geflüchtete und vertriebene Menschen sowie Bauern und Gutsbesitzer, die im Zuge der Bodenreform enteignet wurden. Seit 1965 informiert eine Dauerausstellung über die Geschichte des KZ Wöbbelin, seit 2014 interaktiv.
Am 2. Mai 2005, zum 60. Jahrestag der Befreiung, wurde ein Gedenkplatz eingeweiht. Mit Steinen, die mehr als 800 Namen und Nummern gestorbener Häftlinge tragen. Zudem erinnern die Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin mit einem breiten Angebot an Gedenkorten, Informationen und Veranstaltungen an dieses grausame Kapitel deutscher Geschichte. Quelle: Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin (Hintergrund: hier)