Das Schicksal der Davidsohns

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Die Visa von Willi und Else Davidsohn, ausgestellt vom brasilianischen Konsulat in Berlin am 14.2.1939 und unterschrieben mit den zusätzlichen Zwangsvornamen Israel und Sara (Arquivo National, Rio de Janeiro)

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Stavenhagen 1750-1942. In ihrem Buch erinnert Dorothee Freudenberg an Familienschicksale insbesondere im Nationalsozialismus. Hier das Kapitel: Die Schikanen gegen den Kaufmann Willi Davidsohn.

Willi Davidsohn wurde am 31. Juli 1881 als Sohn der Kaufleute Moritz und Emma Davidsohn in Stavenhagen geboren. Er hatte drei Schwestern: Frieda, Ella und Anna; Frieda erlag 1914 einer Erkrankung. Nach dem frühen Tod seines Vaters führte seine Mutter das Textilgeschäft in der Malchiner Straße 202 (heute Nr. 26) alleine weiter. Willi besuchte nach der örtlichen Höheren Privatknabenschule als Internatsschüler die von Israel Jacobsohn 1801 gegründete Jacobsohn-Schule in Seesen, mittlerweile eine jüdische Reform-Realschule.

Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Swinemünde kehrte er nach Stavenhagen zurück und übernahm 1908 das elterliche Geschäft. Zwei Jahre später heirateten er und Else Meyer, die 1886 in Labes, Pommern, als Tochter von Siegismund und Marie Meyer geboren worden war. Ihre beiden Kinder Rudolf und Ursula kamen 1911 und 1917 zur Welt. Erst nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1923 führte Willi Davidsohn das Textilgeschäft, das er um Bettwaren erweitert hatte, unter seinem eigenen Namen. Für viele Jahre, wohl ab 1926, war er als Kassierer im Vorstand der jüdischen Gemeinde aktiv.

Als Willi Davidsohn Anfang Februar 1934 in den Schaufenstern seines Kaufhauses für den bevorstehenden Inventurverkauf warb, wurde die farbliche Gestaltung als „Schwarz-Rot-Gold“ interpretiert und als eine „versteckte, aber deswegen besonders gefährliche Propaganda gegen den heutigen Staat“ angeprangert. Auf Verfügung der Ortspolizei kamen Willi und Rudolf Davidsohn am 5. Februar über Nacht in „Schutzhaft“, und die Lokalpresse berichtete darüber.

Willi Davidsohn klagte mit Schreiben vom 9.2. an Bürgermeister Dr. Wegner, dass er sich „hierdurch nicht nur geschäftlich, sondern auch persönlich in meiner Ehre schwer getroffen“ fühle. Jede Propaganda gegen den heutigen Staat läge ihm völlig fern. Die Schilder in seinem Schaufenster seien ein Massenartikel und die Farben nicht besonders ausgesucht worden. Ihm und seiner Frau sei beim Dekorieren gar nicht der Gedanke gekommen, dass in den Schildern die Farben enthalten seien, welche vorübergehend das Deutsche Reich geführt habe. Selbstverständlich hätten sie die schon am 1. Februar ausgelegten Schilder sofort entfernt, wenn jemand an ihnen Anstoß genommen hätte. Aber keiner habe etwas gesagt. Seiner Frau seien allerdings am frühen Abend des 5. Februar erst Herr Lucht und dann Herr Oberwachtmeister Rauscher und Herr Heinemann vor dem Schaufenster stehend aufgefallen. Wenn sie die Gelegenheit ergriffen hätten, sie oder ein anderes Familienmitglied darauf hinzuweisen, dass die Schilder Anstoß erregten, hätten sie sie selbstverständlich sofort aus dem Fenster genommen.

Welche Behandlung Willi und Rudolf Davidsohn in der „Schutzhaft“ erfuhren ist nicht bekannt, ebenso wenig eine Reaktion des Bürgermeisters auf das Schreiben vom 9.2.1934.

Die antisemitischen Schikanen wurden fortgesetzt, und am 7. Oktober 1935 diffamierte das „Stavenhagener Tageblatt“ einen Kunden Willi Davidsohns als „Judenknecht“. In dem Artikel heißt es: „Ein Judenknecht! Vom NSDAP-Ortsgruppenleiter Ritzerow erhalten wir folgenden Bericht: ,Der Bauer und Judenknecht August Voß aus Ritzerow, Bauernhof Nr. 8, hat es fertig gebracht, am 3.10.1935 für sich und seine Familie den Winterbedarf an Kleidung bei dem Juden Willi Davidsohn in Stavenhagen einzudecken, also in der Zeit, wo seine Berufsgenossen und überhaupt die ganze Welt gegen Juden kämpft. Diesen ist er durch sein Handeln in den Rücken gefallen. Also ein wahrer ,Volksverräter‘. Bemerkenswert ist noch, mit welcher Geschäftsklausel der Jude ans Werk gegangen ist, denn er hat den Judenknecht Voß abgeholt und nach dem Geschäft wieder mit dem Auto in dessen Wohnung zurückgebracht.“

Der Wegzug der Davidsohns

Zu der Zeit bereitete die Familie Davidsohn bereits ihren Wegzug aus Stavenhagen vor. Willi Davidsohn vermietete sein Haus und Geschäftsgrundstück von November 1935 an der OHG Doss & Borck für 4.000 Reichsmark (RM) jährlich.

Am 10. November 1935 übergab Willi Davidsohn sein Amt als Kassierer und Schriftführer der israelitischen Gemeinde Stavenhagens an Sally Schlachter. Außer ihnen beiden unterschrieb auch Max Nathan das Protokoll, in dem es heißt: Die Übergabe erfolgt wegen des demnächstigen Fortzuges von Herrn Davidsohn.“ Vermerkt wurde die Kassenprüfung durch Hugo Dosmar und dass man im Jahr 1935 keine Gemeindebeiträge erhoben habe.

Die übergebenen Dokumente wurden aufgelistet und geben Einblick in das damalige Vermögen der Gemeinde, das in erster Linie aus Grundstücken bestand. Zehn Grundschuldbriefe waren auf Hausgrundstücke in Stavenhagen eingetragen, je eines auf Grundstücke in Röbel, Borgfeld und Gülzow; zu den beiden letzteren wurde vermerkt, dass für sie Ausfertigungen beim Amtsgericht beantragt werden müssten. Als Wert dieser 13 Grundstücke sind insgesamt 5.416,20 RM verzeichnet, und sie erbrachten halbjährlich Zinseinnahmen in Höhe von 161,02 RM. Willi Davidsohn übergab auch ein Sparkassenbuch über 160,45 RM und Bargeld in Höhe von 93,35 RM, außerdem einen Ablosungsschein, also eine Art Pfandbrief der Stadt Stavenhagen über 12,50 RM.

Das weitere Schicksal der Familie

Willi, Else und Rudolf Davidsohn zogen Ende 1935 nach Berlin. Wo sich die 18-jährige Ursula damals aufhielt, ist unklar. Rudolf Davidsohn gelang bereits 1936 die Flucht nach Rio de Janeiro, Brasilien. Dort heiratete er 1937 die auch aus Deutschland stammende Ruth Kurnick, und nach einem Jahr kam ihr Sohn João zur Welt.

Auch Willi und Else Davidsohn bereiteten ihre Flucht nach Brasilien vor. Willi Davidsohn verkaufte am 18. Januar 1939 sein Stavenhagener Hausgrundstück für 37.000 RM an dessen Mieter, die OHG Doss & Borck. Der Kaufpreis galt als angemessen, und somit wurde der Kaufvertrag von Bürgermeister, Landrat und Mecklenburgischem Innenministerium genehmigt. Dies war die Voraussetzung für die Erteilung der Visa, die das brasilianische Konsulat in Berlin am 14.2.1939 ausstellte.

Bevor Willi und Else Davidsohn jedoch endlich Deutschland verlassen konnten, wurden sie auf „legalem Weg ausgeplündert“. Die diversen Steuern, Abgaben und andere Gebühren hatten im Jahr 1939 eine solche Höhe erreicht, dass auch kurz zuvor noch wohlhabende Leute völlig mittellos flüchten mussten. Es ist anzunehmen, dass auch Willi und Else Davidsohn kein Geld mehr hatten, als sie endlich bei ihrem Sohn in Brasilien eintrafen.

Am 7. September 1947 verunglückten Rudolf, Ruth und João Davidsohn zusammen mit dem besten Freund der Familie, Max Kugelmas, bei einem Bootsunfall an der Guanabara Bay vor Rio de Janeiro tödlich. Sie wurden auf dem Friedhof São Francisco Xavier in Rio de Janeiro begraben. Ihren Tod zeigten Willi und Else Davidsohn gemeinsam mit der Familie Kurnick im „Aufbau“, einer in New York erscheinenden jüdischen Zeitung, an.

Else und Willi Davidsohn beantragten im Jahr 1951 in Rio de Janeiro ihre Einbürgerung. Im selben Jahr, am 20.9.1951, starb Willi Davidsohn im Alter von 70 Jahren in seiner Wohnung in Rio an einem Herzinfarkt, wie der Arzt Dr. Konrad Loewenstein feststellte. Seine Frau Else wurde 89 Jahre alt. Sie starb am 4.2.1976 im jüdischen Altersheim in der Rua Santa Alexandrina 454 an Arteriosklerose, und auch ihren Todesschein unterschrieb Dr. Loewenstein. Auch Willi und Else Davidsohn wurden auf dem Friedhof São Francisco Xavier beerdigt.

Ursula Davidsohn war ausgebildete Kosmetikerin und floh gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Berliner Optiker Simon Reissmann, im Jahr 1939 nach Shanghai. Im Februar 1947 emigrierten sie in die USA und von dort im Herbst desselben Jahres nach Brasilien. Ursula Reissmanns Visum wurde vom brasilianischen Konsulat in Los Angeles am 27. Oktober 1947 ausgestellt, möglicherweise wollte sie sich nach dem Unfalltod ihres Bruders und seiner Familie in Rio de Janeiro um ihre Eltern kümmern. Simon und Ursula Reissmann trennten sich und 1950 heiratete Ursula in zweiter Ehe den US-amerikanischen Berufssoldaten Charles Samuel Conser. Sie lebte mit ihm in San Diego, Kalifornien, wo auch ihre beiden Söhne Raymond (1952) und Edward Rudi (1955) zur Welt kamen, und sie starb dort am 14. Oktober 1987.

Willi Davidsohns Schwester Anna (Anning) Davidsohn wurde am 13. Juni 1942 von Berlin ins Vernichtungslager Sobibor deportiert. Ihre Schwester Ella wurde gemeinsam mit ihrem Ehemann Max Bragenheim am 16. Juli 1942 von Berlin ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Ella Bragenheim starb dort am 11.3.1943, ihr Ehemann Max am 31.1.1944.

Das Buch

Dorothee Freudenberg: Geschichte der jüdischen Gemeinde Stavenhagen 1750-1942. Schwerin 2020. Herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern und dem Verein Alte Synagoge Stavenhagen. Hier geht’s zur Bestellung

In der Reuterstadt Stavenhagen steht eine der wenigen erhaltenen Synagogen Mecklenburg-Vorpommerns. Der Verein Alte Synagoge Stavenhagen konnte die Ruine retten und in dem Gebäude eine lebendige Stätte der Begegnung und Kultur einrichten. Dieses Buch dient der Erinnerung an die jüdische Gemeinde Stavenhagens. Ihre Geschichte begann um 1750 mit den ersten „Schutzjuden“ und fand 1942 mit der Deportation und Ermordung der letzten Stavenhagener Juden ihr schreckliches Ende.

Über die Autorin
Dorothee Freudenberg aus Frankfurt am Main, 1952 geboren, ist promovierte Ärztin für Psychiatrie, hat familiäre Wurzeln in der jüdischen Gemeinde Stavenhagens und ist Gründungsmitglied des Vereins Alte Synagoge Stavenhagen e.V.

Hintergrund

Der Aufstieg der NSDAP und die deutschen Juden

In der Ideologie der Nationalsozialisten hatte der Hass auf die Juden eine zentrale Funktion und war als „moderner Rassenantisemitismus“ an den ideologisch aufgeladenen Begriff der „Volksgemeinschaft“ gekoppelt. Im Parteiprogramm der NSDAP von 1920 heißt es: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein“. Diese Blut-und-Boden-Ideologie war mit tiefverwurzelten Vorstellungen von den „reichen, wuchertreibenden Juden“ verbunden, obwohl damals die große Mehrheit der deutschen Juden dem Mittelstand angehörte oder arm war.

Anfang 1933 lebten 525.000 Juden in Deutschland, verteilt auf 1.600 israelitische Gemeinden. Zwei Drittel der deutschen Juden lebten in Großstädten, allein fast ein Drittel in Berlin. Nur etwa 100.000 „Landjuden“ wohnten in Orten mit weniger als 20.000 Einwohnern.

In Mecklenburg gab es damals sowohl absolut als auch relativ die wenigsten Juden, nämlich nur 1.000, was einem Bevölkerungsanteil von 0,13% entspricht gegenüber durchschnittlich 0,8% im gesamten Deutschen Reich. Stavenhagen hatte im Januar 1933 insgesamt 4.185 Einwohner, davon 18 Juden, entsprechend 0,4%. Diese bzw. ihre Familien hatten alle schon im Jahr 1911 in der Stadt gelebt.

Die Machtergreifung in Mecklenburg

Trotz der geringen Anzahl der Juden in Mecklenburg waren die Nationalsozialisten hier besonders glühende Antisemiten. Ihre Irrationalität brachte im Jahr 1925 der gerade zum Gauleiter gewählte 26-jährige Friedrich Hildebrandt zum Ausdruck. Der ehemalige Landarbeiter sah in der nationalsozialistischen Machtübernahme die Chance zum Umsturz der jahrhundertealten Mecklenburgischen Feudalhierarchie und in seiner Phantasie kämpften nun „germanische Landarbeiter“ gegen den „verjudeten Adel“. Dabei gab es unter den adligen Gutsbesitzern nie Juden. Viele Mecklenburgische Adlige reagierten mit Jubel auf den Siegeszug der NSDAP, und nicht wenige engagierten sich in der Partei und der SS, denn sie fürchteten und hassten die Demokratie der Weimarer Republik als Bedrohung ihrer Privilegien.

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, herrschten in Mecklenburg-Schwerin bereits die Nationalsozialisten. Die NSDAP hatte bei den Landtagswahlen im Juni 1932 die absolute Mehrheit errungen und besaß somit, gemeinsam mit Oldenburg, im Reich eine Vorreiterrolle.

Bald nach den Reichstagswahlen am 5. März 1933 verschaffte Hitler sich mit dem „Ermächtigungsgesetz“ die uneingeschränkte Macht. Die Länder wurden „gleichgeschaltet“, die Stadtparlamente aufgelöst und entsprechend der Stimmzahl vom 5. März neu gebildet. Die der KPD zustehenden Sitze wurden sofort ersatzlos gestrichen, im Juni auch die der SPD.

In Stavenhagen hatte die NSDAP 50,4% der Stimmen errungen, ihr Bündnispartner, die von der nationalkonservativen DNVP dominierte „Kampffront schwarz-weiß-rot“ weitere 12%. Somit war Stavenhagen Ende März 1933 politisch absolut von der NSDAP beherrscht. Wie viele seiner Amtskollegen wurde auch der nationalkonservative Stavenhagener Bürgermeister Dr. Albertus Burmeister, der seit über 20 Jahren im Amt war, unter einem Vorwand beurlaubt und im Juli 1933 durch einen linientreuen Nationalsozialisten ersetzt.

Wirtschaftlich war Stavenhagen damals von Betrieben geprägt, die Lebensmittel verarbeiteten und vermarkteten; Landwirtschaft selbst gab es nur wenig. Der wichtigste Arbeitgeber und Steuerzahler war die Zuckerfabrik, gefolgt vom Dauermilchwerk. Die durch die Wirtschaftskrise bedingte Arbeitslosigkeit wurde ab 1933 erfolgreich mit Notstandsarbeiten bekämpft, insbesondere im Straßenbau, der Drainage von Acker- und Weideflächen, später auch im Wohnungsbau. Die wirtschaftliche Lage der Stadt war nach diesen anfänglichen Problemen in der NS-Zeit gut.

Der Boykott der jüdischen Geschäfte in Stavenhagen

Am 28. März 1933 beschloss die Parteileitung der NSDAP den flächendeckenden Boykott jüdischer Geschäfte sowie jüdischer Ärzte und Rechtsanwälte. Der Boykott sollte am Samstag, 1. April „schlagartig“ einsetzen und „bis ins kleinste Bauerndorf vorgetrieben werden, um besonders auf dem flachen Lande die jüdischen Händler zu treffen“.

Erklärtes Ziel war die Einschüchterung der Juden, ihre Ausplünderung und endgültige Verdrängung. Die Organisation übernahm Julius Streicher, der Herausgeber des Hetzblattes „Der Stürmer“. Zur planmäßigen Durchführung des Boykotts bildeten sich rasch lokale Aktionskomitees. Diese sorgten dafür, dass am Morgen des 1. April überall SA-Leute und Hitlerjugend Posten vor den Geschäften jüdischer Besitzer bezogen, die Schaufenster mit Parolen und Davidsternen beschmierten, vorgedruckte Plakate hochhielten und so die Kunden am Betreten der Läden hinderten. Wer sich dem widersetzte, wurde beschimpft oder gar körperlich angegriffen, und oft wurden Kunden, die dennoch die jüdischen Geschäfte betraten, fotografiert und in der Lokalpresse angeprangert oder in den überall zentral angebrachten „Stürmerkästen“ als „Judenknechte“ geschmäht.

Hans Hermann Josephy, alias Hans Jackson: „Prelude of the Holocaust”. Das in den 1980er Jahren entstandene Gemälde zeigt die Boykottaktion gegen das Berliner Geschäft „Max Schöneberg“, dessen Besitzer Richard Josephy der aus Stavenhagen stammende Vater des Malers war. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Allen Sternstein, Großbritannien)

Was an diesem Samstag, 1. April 1933, in Stavenhagen konkret geschah, wissen wir bisher nicht, denn es sind keine Berichte hierüber zu finden. Der Boykott wurde jedoch mit aller Härte und Konsequenz weiter betrieben. Bereits am folgenden Montag, 3. April 1933, fasste der Rat der Stadt Stavenhagen folgenden Beschluss:

„Allen Beamten und Angestellten, sowie Arbeitern des Rats der Stadt Stavenhagen wird untersagt, bei jüdischen Geschäften zu kaufen. Als jüdische Geschäfte gelten in Stavenhagen: Schlachter, Davidsohn, Frau Jacobsohn, Gebr. Lewin, Nathan, Hermann Müller und Meyer Filiale. Auch die Bestellung der Ärztin Frau Dr. Roese ist den Beamten, Angestellten und Arbeitern untersagt. Zuwiderhandlungen haben die alsbaldige Entlassung zur Folge.“

Dieser Beschluss hatte keine gesetzliche Grundlage, wurde aber in ähnlicher Weise vielerorts gefasst.

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