Erinnerungstag für Zwangsausgesiedelte

Collage: Grenzhus Schlagsdorf

Der Erinnerungstag für die Zwangsausgesiedelten in Westmecklenburg – am 14. Juni in Dechow. Hier das Programm, der Hintergrund und die Infos zur Anmeldung.


Hintergrund

Im Frühjahr 1952 nahmen die politischen Spannungen in der DDR zu. Die SED-Führung verschärfte unter Billigung der Sowjetunion ihren Kurs zum Umbau der Gesellschaft nach sowjetischem Vorbild. Zu den Maßnahmen gehörte die Einrichtung eines 5 km breiten Sperrgebietes an der Westgrenze. Für diesen Streifen galt eine besondere Polizeiverordnung. Alle Einwohner wurden registriert, ihre Personalausweise abgestempelt. Besucher benötigten bis 1989 Passierscheine für die Einreise.

Im Geheimen begannen Volkspolizei, Staatssicherheit und SED mit den Vorbereitungen zur Zwangsaussiedlung von Menschen, die als nicht politisch zuverlässig galten. Innerhalb von wenigen Stunden mussten die Betroffenen ihre Sachen packen und wurden in das Innere des Landes Mecklenburg transportiert. Am 5. Juni begann die Umsiedlung von Ausländern und Staatenlosen. Weitere ca. 2000 Menschen folgten aus den Dörfern und Kleinstädten im mecklenburgischen Grenzgebiet bis zum 14. Juni. LKW brachten die Habseligkeiten und die Menschen zu den nahegelegenen Bahnhöfen. Von dort gingen Transporte nach Stralsund, Demmin, Grimmen oder Malchin. Von wo die Betroffenen auf die umliegenden Dörfer verteilt wurden. Niemand wusste, wohin er kommen sollte. Unter schwierigsten Bedingungen mussten sie ein neues Leben beginnen.

Die Menschen waren geschockt, ohnmächtig gegenüber diesem Gewaltakt. Manche ergriffen nach der Verkündung des Aussiedlungsbescheids noch die Flucht in den Westen. Zum Beispiel die Geschwister Paula und Elli Ginnuth aus Neuhof oder die ganze Familie Wendorf mit ihren sieben Kindern aus Schlagsdorf. Sie ließen buchstäblich alles zurück.

An die Schicksale dieser Menschen in Westmecklenburg erinnert das Grenzhus Schlagsdorf in Kooperation mit dem Landesbeauftragten MV zur Aufarbeitung der SED-Diktatur am 14. Juni 2025 in Dechow. Der Erinnerungstag präsentiert Forschungen und Erfahrungen aus der Bildungsarbeit zu den Zwangsaussiedlungen 1952 und 1961 sowie zu den geschleiften Dörfern, die seit den 1970er Jahren dem Ausbau der DDR-Sperranlagen zum Opfer fielen. Dass Zwangsaussiedlungen nicht nur ein historisches Phänomen sind, wird am Beispiel der Vertreibung und Ermordung der Eziden im Nahen Osten deutlich werden. Abschließend führt die Schlagsdorfer Pastorin Hanna Blumenschein auf dem Gedenk- und Lernpfad zum geschleiften Dorf Lankow eine Andacht für die Zwangsumgesiedelten durch. Die Veranstaltung wird unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildung MV, die Kirchgemeinde Schlagsdorf, die Gemeinde Dechow und das Biosphärenreservat Schaalsee.


Veranstaltung

Erinnerungstag für die Zwangsausgesiedelten in Westmecklenburg

Dorfgemeinschaftshaus Dechow,
19217 Dechow, Dorfstraße 1
Parkplätze am Dorfgemeinschaftshaus


Programm

10 Uhr

Begrüßung und Grußworte Burkhard Bley (Landesbeauftragter MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur), Katrin Patynowski (1. Stellvertreterin des Landrates Nordwestmecklenburg), Udo Wachtel (Bürgermeister Dechow)

10.30 Uhr

Dr. Andreas Wagner (Grenzhus Schlagsdorf) – Die Zwangsaussiedlungen 1952 und 1961 in Nordwestmecklenburg – eine Einführung.

11.15 Uhr

Lena Wernhöfer (Mainz) – „Wir sind immer davongekommen.“ Das Leben der Paula Aumüller, geb. Ginnuth: Flucht aus Ostpreußen, Vertreibung aus Neuhof 1952 und Ankunft im Westen

12 Uhr

Dr. Felix Ludwig (Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn) – Die Geschichte der Zwangsaussiedlungen in den pädagogischen Angeboten der Gedenkstätte

12.45 Uhr

Mittagsimbiss

13.15 Uhr

Dr. Leyla Ferman (Sussex University/ Women for Justice e. V.) Die Vertreibung der Eziden – Zwangsumsiedlungen und Völkermord

14.30 Uhr

Wechsel zum Gedenk- und Lernpfad für das geschleifte Dorf Lankow

15 Uhr

Begrüßung Udo Wachtel (Bürgermeister Dechow) und Andacht Pastorin Hanna Blumenschein (Schlagsdorf)

In Kooperation mit den Kirchengemeinden Schlagsdorf und Carlow, dem Landesbeauftragten MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Landeszentrale für politische Bildung MV, der Gemeinde Dechow, dem Biosphärenreservat Schaalsee und dem Landkreis Nordwestmecklenburg


Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenfrei. Um eine Anmeldung zur Veranstaltung beim Grenzhus wird
gebeten.

Grenzhus Schlagsdorf
Neubauernweg 1, 19217 Schlagsdorf, Tel.: 038875/ 20326, Email: info@grenzhus.de