„Die Kunst bietet eine Plattform“

Iris vom Stein. Foto: Wiebke Marcinkowski

Drei Fragen an zwei Künstlerinnen, die zur 35. Landesweiten Kunstschau in der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock ausstellen: Carmen McPherson und Iris vom Stein. Sie sagt: „Geschichte sollte immer neu beleuchtet werden, die Kunst bietet hier eine Plattform für verschiedene Interpretationen und regt sicher zum Nachdenken an.“


Drei Fragen an Carmen McPherson

Carmen McPherson

Wie haben Sie das Thema „Unangebracht“ der 35. Landesweiten Kunstschau für diesen historischen Ort interpretiert?

Carmen McPherson: Ich habe mich von dem Ort zu meiner Interpretation führen lassen. Bei der Besichtigung gingen mir sehr viele Gedanken bzw. Fragen durch den Kopf, z.B. warum, wieso, wer und wie. Der rote Faden hängt in der Luft stellvertretend für die vielen Gedanken, die hier unter beklemmenden Umständen gekreist sind, aber auch für die, die durch die aktuelle Ausstellung entstehen.

Was würden Sie den Besucher/innen der Ausstellung gerne mit auf den Weg geben – oder was sollten diese unbedingt über Ihre Arbeit wissen?

Es sollte alles hinterfragt werden. Sich erst umfassend informieren, um dann eine eigene Meinung zu bilden. Überdenk diese Meinung auch immer wieder. Tolerant und respektvoll mit anderen umgehen. Sich selbst treu bleiben.

Warum sollte man sich die 35. Landesweite Kunstschau in der DuG Rostock aus Ihrer Sicht keinesfalls entgehen lassen? 

Die 35. Landesschau in der DuG Rostock wird extrem spannend. Die unterschiedlichen künstlerischen Positionen nehmen direkten Bezug auf die einschüchternden Räumlichkeiten und dessen Geschichte. Die aktuelle Kunst im Diskurs mit der „unangebrachten“ Politik der Vergangenheit ist absolut sehenswert!


Drei Fragen an Iris vom Stein

Iris vom Stein

„Unangebracht“. Wie haben Sie das Thema interpretiert?

Iris vom Stein: Einblick nehmen, indem wir durch den Spion einer Zellentür den Raum ins Visier nehmen. Kein Ausblick, das Fenster aus Glasbausteinen gibt ein wenig Licht, aber keinen freien Blick in den Himmel. Überwachung, Kontrolle, Bestrafung waren die Maßnahmen zum Brechen der Persönlichkeit Andersdenkender. Dabei hatten sich die Inhaftierten womöglich nur im Sinne des SED-Regimes „unangebracht“ verhalten.

Was würden Sie den Besucher/innen der Ausstellung gerne mit auf den Weg geben – oder was sollten diese unbedingt über Ihre Arbeit wissen?

EIN AUGEN BLICK mit der Camera Obscura als Aufzeichnungsbox des unbemerkten Blicks des Aufsehers bei Verwendung des kleineren der zwei Tür-Spione. Als Prozess vor Ort werden Zellenfenster auf lichtempfindlichem Fotomaterial belichtet und in einer Zelle ohne Fenster entwickelt. Die abstrakte SW-Serie stellt eine eigene Formensprache mit verschiedenen Assoziationsmöglichkeiten dar.

Warum sollte man sich die 35. Landesweite Kunstschau in der DuG Rostock aus Ihrer Sicht keinesfalls entgehen lassen?

Geschichte sollte immer neu beleuchtet werden, die Kunst bietet hier eine Plattform für verschiedene Interpretationen und regt sicher zum Nachdenken an. Wir wissen heute nicht, was zukünftig unangebracht sein wird.


Hintergrund

Die Ausstellung „Unangebracht“ (bis 23. März) zeigt an zwei Ausstellungsorten Werke von 50 Künstler/innen und wird von der Kunsthistorikerin Tereza de Arruda kuratiert. Präsentiert werden vielfältige künstlerische Ausdrucksformen wie Malerei, Objekte, Installationen, Performances und ortsspezifische Interventionen. Diese Werke sind das Ergebnis eines intensiven soziopolitischen Austauschs, der aktuelle Themen aufgreift, historische und persönliche Vergangenheiten reflektiert und den Blick auf zukünftige Perspektiven zur Freiheit der Kunst richtet.

Zum ersten Mal kooperieren der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Mecklenburg-Vorpommern e.V. (BBK MV) und die Kunsthalle Rostock mit der Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaft der Staatssicherheit Rostock in Trägerschaft der Landeszentrale für politische Bildung MV. Die Gedenkstätte hat sich seit ihrer Gründung im Oktober 1999 zu einem bedeutenden Ort der Bildungsarbeit über die SED-Diktatur sowie einer lebendigen Erinnerungskultur entwickelt.


Schirmherrschaft/Förderung

Die Ausstellung „Unangebracht“ steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern.


Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock

Grüner Weg 5, 18055 Rostock

Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr

Kunsthalle Rostock

Hamburger Straße 40, 18069 Rostock

Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr

Der Eintritt ist frei.