In der Nacht brannten die Bücher

NS-Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz. Foto aus: „Bibliothek der verbrannten Bücher“

10. Mai 1933. Flammen lodern in der Dunkelheit. Verbrannt werden Bücher u.a. von Heinrich Mann, Erich Kästner, Heinrich Heine. In Rostock. Greifswald. Deutschlandweit. Heute erinnert der „Tag des Buches“ an die Bücherverbrennungen der Nazis vor 90 Jahren. 

Wenige Monate nach Machtübernahme der Nationalsozialisten brennt die Freiheit der Literatur auf dem Scheiterhaufen. Gezündet von der nationalsozialistisch dominierten Deutschen Studentenschaft, gebündelt in der Aktion „Wider den undeutschen Geist“, unterstützt von Studenten, Professoren, Buchhandel, Bibliotheken. 

Im Fokus: Jüdische sowie politisch anders denkende Schriftsteller/innen und Autoren. Unter ihnen: Heinrich Mann. Erich Kästner. Heinrich Heine. Karl Marx. Kurt Tucholsky. Carl von Ossietzky. Bertolt Brecht. Lion Feuchtwanger. Ernest Hemingway. Anna Seghers. Bertha von Suttner. Erich Maria Remarque. Egon Erwin Kisch. Franz Mehring. Rosa Luxemburg. Sowie viele, deren Namen in jener Nacht mit ihren Werken verbrennen. In Rostock auf dem damaligen Friedrich-Hildebrandt-Platz, in Greifswald auf dem Marktplatz. Überall in Deutschland. 

„Es war widerlich“

In Berlin steht Erich Kästner an jenem Abend am Opernplatz inmitten der Menschenmenge, als NS-Propagandaminister Joseph Goebbels auch ihn beim Namen nennt, Studenten seine Bücher mit einem Feuerspruch den Flammen übergeben. „Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen {…}. Es war widerlich“, schreibt er später in seinem Buch „Bei Durchsicht meiner Bücher“.

Der Gedenkstein ist ein Quader. Auf seinen Seiten stehen Namen und Werke verfemter Autorinnen und Autoren. Auf der Oberseite steht: "Das war ein Vorspiel nur. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen" - ein Zitat aus Heinrich Heines "Almansor" aus dem Jahr 1823.
In Neubrandenburg erinnert dieses Gedenkzeichen auf dem Markt an die Bücherverbrennung vom 31. Mai 1933. Foto: LpB

Der 10. Mai 1933 ist nicht die einzige Nacht, in der Bücher brennen. Auch Tage und Wochen später geht „undeutsches Schrifttum“ immer wieder in Flammen auf. Am 13. Mai, zum Beispiel, in Neustrelitz, am 31. Mai in Neubrandenburg und am 4. Juni auf dem Pfaffenteich in Schwerin. 

Viele Autoren verlassen Deutschland, gehen ins Exil. In Paris gründen einige von ihnen, darunter Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann und Anna Seghers, zum ersten Jahrestag der Bücherverbrennungen die „Deutsche Freiheitsbibliothek“ und machen dort ihre verbotenen Schriften zugänglich. 

In diesem Jahr jährt sich der Tag der Bücherverbrennung zum 90. Mal. Seit 1979 gilt der 10. Mai in Deutschland als „Tag des Buches“. Zahlreiche Veranstaltungen halten bundesweit die Erinnerung an seine Geschichte wach. Auch in MV. Drei Beispiele: 

Neubrandenburg

Der Förderverein der Regionalbibliothek Neubrandenburg e.V. erinnert am 10. Mai, 16 Uhr, am Gedenkstein auf dem Marktplatz an die Geschehnisse vor 90 Jahren. Anschließend lesen Vereinsmitglieder und Schüler/innen der evangelischen Schule auf dem Markt aus Büchern verfemter Autoren. In der Bibliothek werden einige der „verbrannten Bücher“ ausgestellt. 

Greifswald

10. Mai, 10.30 Uhr: Lesung aus Heinrich Heines Abhandlung „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“. Veranstalter: Institut für Philosophie der Uni Greifswald, Ort: Baderstraße 6, Seminarraum

Schwerin

11. Mai, 19.30 Uhr: Des Feuers Geist. Szenische Lesung mit Marjam Azemoun und Frank Sommer. In Augenzeugenberichten, Lesetexten und Interviewausschnitten geben sie Zeitzeugen und aktuellen Schriftstellerinnen und Schriftstellern ihre Stimme. Sie kommentieren, analysieren und demonstrieren: Wo Bücher brennen, naht Diktatur. Ort: Stadtbibliothek/Schweriner Höfe; Karten können unter stadtbibliothek@schwerin.de reserviert werden.


Mehr zum Thema

Die Bibliothek der verbrannten Bücher“

… so heißt eine virtuelle Ausstellung, die die Universität Augsburg auf den Seiten der Deutschen Digitalen Bibliothek veröffentlicht. Sie gibt Einblick in die Sammlung von Georg Salzmann, der mehr als 30 Jahre lang Erstausgaben der 1933 verbrannten literarischen Werke suchte und sammelte – und die sich nun in Besitz der Universität Augsburg befindet.

Verbrannte Orte

Der Onlineatlas verbrannte-orte.de markiert Orte, in denen „undeutsches Schrifttum“ in Flammen aufging. Dazu gibt es einen Foto-Atlas, Informationen zu den einzelnen Fällen und ein Quellenverzeichnis.

Verfemte Autoren

Welche Autoren und Bücher standen auf den schwarzen Listen? Einen Überblick darüber sowie viele Informationen zu den Bücherverbrennungen gibt es auf dem Infoportal des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien unter www.verbrannte-buecher.de.