Im Namen des Volkes: Viele Gerichtsurteile können nicht ohne Schöffinnen und Schöffen fallen. Alle fünf Jahre werden sie neu gewählt. Im kommenden Jahr ist es wieder soweit. Wer mitmachen möchte, kann sich jetzt bewerben. Neun Hintergründe zur Schöffenwahl 2023.
Wer sind Schöffen?
Schöffen sind ehrenamtliche Richterinnen und Richter. Gemeinsam und gleichberechtigt mit Berufsrichterinnen und Berufsrichtern urteilen sie darüber, ob Angeklagte schuldig oder unschuldig sind, ob jemand freigesprochen oder verurteilt wird und wenn ja, zu welcher Strafe. Als Schöffe oder Schöffin zu arbeiten, ist ein Ehrenamt. Die Amtszeit umfasst von fünf Jahre. Der aktuelle Zeitraum endet im Dezember 2023. Im kommenden Jahr stehen deshalb die Wahlen für die Zeit vom 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2028 an. Aktuell gibt es in MV rund 1400 ehrenamtliche Richter/innen.
In welchen Angelegenheiten entscheiden sie?
Schöffinnen und Schöffen können zu Verhandlungen an Amtsgerichten und Landgerichten berufen werden. Einbruch, Raub, Diebstahl, Mord – das sind vier Beispiele für Vergehen, bei denen Schöffinnen und Schöffen mit urteilen. Ob vor einem Schöffengericht verhandelt wird, hängt auch vom zu erwartenden Strafmaß ab. Es gibt zwei Arten von Schöffen: Jene, die in Strafsachen gegen Erwachsene tätig sind. Und jene, die gegenüber Jugendlichen urteilen (Jugendschöffen).
Wie kann man Schöffe werden?
Auf drei Wegen. Erstens: Man bewirbt sich selbst. Zweitens: Verbände, Vereine oder andere Institutionen schlagen Bürgerinnen und Bürger vor. Drittens: Gibt es nicht genug Bewerber/innen, können Personen nach dem Zufallsprinzip aus dem Melderegister ausgewählt werden.
Wer kann sich bewerben?
Bewerben können sich Frauen und Männer, die am 1. Januar 2024 mindestens 25 und höchstens 69 Jahre alt sind, die deutsche Staatsbürgerschaft haben, straffrei sind und in der jeweiligen Kommune, die Schöffen und Schöffinnen sucht, wohnen. Juristische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Bewerber/innen sollten jedoch auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, soziale Kompetenz und Menschenkenntnis mitbringen, sich in andere Menschen hineinfühlen können, vorurteilsfrei und unvoreingenommen agieren, logisches Denkvermögen und eine gute Intuition mitbringen. Und Mut haben, Urteile zu fällen.
Bis wann kann man sich bewerben?
Diese Fristen regeln die Kommunen unterschiedlich. In Stralsund, Rostock und im Amt Dorf Mecklenburg-Bad Kleinen müssen die Bewerbungen bis zum 31. Dezember 2022 eingehen. Im Amt Warnow-West bis 23. Dezember 2022. Im Amt Crivitz haben Interessierte bis 20. Januar 2023 (Jugendschöffen) bzw. 1. März 2023 (Erwachsenenstrafsachen) Zeit. Andere Kommunen haben in ihren Aufrufen keinen Stichtag veröffentlicht.
Wie geht es dann weiter?
Die Gemeinde- bzw. Stadtvertretungen – bei Jugendschöffen der Jugendhilfeausschuss – stellen Vorschlagslisten auf. Darauf stehen doppelt so viele Personen, wie benötigt werden. Daraus wählt ein Schöffenwahlausschuss später die benötigte Anzahl der Personen. Wer gewählt wurde, erhält Post – und erfährt darin auch, ob er/sie als Haupt- oder Ersatzschöffe eingesetzt wird, erläutert der Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter. Die Wahl abzulehnen, ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
Kann man sich die Verhandlungen aussuchen?
Nein. Für Hauptschöffen sind pro Jahr 12 Sitzungstage vorgesehen. Diese werden für ein Jahr im Voraus festgelegt. In welcher Reihenfolge die Hauptschöffen an den Sitzungen teilnehmen, wird laut Gerichtsverfassungsgesetz ausgelost. Wichtig zu wissen: Eine Sitzung kann aus mehreren Verhandlungstagen bestehen. Fallen Hauptschöffen aus, springen Ersatzschöffen ein. Sie erfahren ihre Verhandlungstermine sehr kurzfristig.
Warum gibt es Schöffen?
Ehrenamtliche Richter/innen in die Rechtsprechung einzubeziehen, ist ein wesentliches Element deutscher Gerichtsbarkeit. „Schöffen sollen die in ihrem täglichen, beruflichen und sozialen Umfeld gewonnenen Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen in die Verhandlungen als auch in die gemeinsame Beratung einbringen und damit die stärker juristisch geprägte Sichtweise der Berufsrichter sinnvoll ergänzen”, heißt es in den Aufrufen zur Wahl. Ihr Ehrenamt hat Gewicht: In der Regel fällen zwei Schöffen mit einem bis drei Berufsrichtern oder Berufsrichterinnen das Urteil. Für das wiederum ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Gegen die Stimmen beider Schöffen kann im deutschen Strafprozess niemand verurteilt werden.
Wo gibt es weitere Informationen?
Bei Städten, Gemeinden und Ämtern. In einer Broschüre des Landesjustizministeriums zum Schöffenamt sowie unter schoeffenwahl2023.de