Heavy Metal in der DDR

Vom / Landeskunde, Zeitzeugen

„Wir hatten keine Spielerlaubnis – und somit gab es uns offiziell gar nicht.“ Unser Interview mit Gunnar Schroeder. Der Sänger und Gitarrist der Band Dritte Wahl tritt am 19. Mai in der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock auf – bei der Veranstaltung „Red Metal. Die Heavy-Metal-Subkultur der DDR.“

Punk, Heavy Metal. Was für Musik hörten und machten Sie in der DDR?

Gunnar Schroeder

Gunnar Schroeder: Ich hab damals viel Metal & Hard-Rock gehört. Von den großen Metal-Bands schwappte einfach weitaus mehr über die Mauer als von den vielen Independent- oder Punk-Formationen. Das waren so Bands wie AC/DC, Iron Maiden, Judas Priest, Accept usw. Außerdem war (und bin) ich ein großer Udo-Lindenberg-Fan. Viele seiner Texte haben mich damals voll angesprochen. Etwas später kamen Ton Steine Scherben und die ersten Punk-Bands wie Die Toten Hosen, Slime, Die goldenen Zitronen oder Toxoplasma und Hass dazu.

1988 fand das erste Konzert mit Dritte Wahl statt. Woran erinnern Sie sich?

Das erste Konzert fand im Oktober 1988 in der Schülerspeisung, Maxim-Gorki-Straße in Rostock-Evershagen, statt. Da gab es damals wöchentlich donnerstags eine Schülerdisco – und in dem Rahmen haben wir gespielt. Natürlich waren alle unsere Freunde da und das Konzert war damals ein Riesenerfolg. Wir dachten schon „jetzt werden wir ganz schell berühmt!“, aber die ersten Auftritte außerhalb von Rostock haben uns schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Wie war’s denn als Punkrocker in Rostock Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre?

Es war eine aufregende Zeit. Alles was man machte, war irgendwie konspirativ und hatte den Hauch des Verbotenen. Die Konzerte durften ja nicht öffentlich angekündigt werden und so hörte man nur von Freunden und Bekannten wo und wann die Auftritte von den Indie-Bands stattfanden. Für uns als Dritte Wahl war es natürlich schwierig, überhaupt Auftrittsmöglichkeiten zu finden. Wir hatten keine Spielerlaubnis (Einstufung genannt) – und somit gab es uns offiziell gar nicht. Instrumente und Zubehör waren natürlich auch absolute Mangelware. Der Transport war schwierig, weil niemand ein Auto hatte. Musik musste man zu der Zeit schon machen wollen!

Dritte Wahl war bekannt für politisch-kämpferische Texte. Hat das die Staatssicherheit, Polizei, andere Institutionen alarmiert?

Wir hatten glücklicherweise nie Ärger und haben auch von Überwachung der Band usw. nichts mitbekommen. Vielleicht waren wir damals auch noch zu klein. Ende 1988 hatten die Organe ja überall schon ganz andere Sorgen als die kleine Dritte Wahl. Die Texte waren damals auch eher unscharf und von viel Umschreibungen geprägt. Lieder wie „Schaum auf der Ostsee“ waren schon politisch, aber nicht so direkt. In vielen anderen Songs ging es eher um Alltagsthemen, was natürlich auch immer etwas politisch ist, aber halt nicht so vordergründig.

Gab es staatliche Repressionen, die Sie oder Ihr Umfeld erlebt haben?

Ich selbst habe tatsächlich keine großen Erinnerungen an Repressionen usw. Vielleicht waren einige Sachen, die damals passierten aber auch so normal im Alltag der DDR, dass ich sie gar nicht als Bedrohung wahrgenommen habe. Natürlich war es klar, dass man nicht alles, was man dachte, öffentlich sagte, in dieses Denken war man ja reingeboren – „Das war eben so!“ Aber im privaten Umfeld nahm man zum Ende der DDR-Zeit eigentlich kein Blatt mehr vor den Mund.

Die Veranstaltung

Nikolai Okunew, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZZF in Potsdam, präsentiert die Ergebnisse aus seiner Dissertation „Red Metal. Die Heavy Metal-Subkultur der DDR“. Gunnar Schroeder, Sänger & Gitarrist der Rostocker Punk-Rock-Formation Dritte Wahl, spielt Stücke aus seinem Solo-Programm „Ein Abend zum Vergessen“. Durch den Abend führen Dr. Robert Pommrich, Moderator des Metaltörn auf Radio LOHRO 90.2 MHz, und Dr. Steffi Brüning, DuG Rostock. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Anzahl der Teilnehmenden begrenzt.

Anmeldung zur Veranstaltung am 19. Mai 2022 ab 18 Uhr in der DuG Rostock unter dug-rostock@lpb.mv-regierung.de oder telefonisch: 01573/0285136

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