Wie entsteht ein Gesetz? Was macht der Bundeskanzler? Was ist der Unterschied zwischen Regierung und Opposition? Michael Schulte weiß: Fragen wie diese interessieren auch Kinder. Deshalb hat er den Podcast „Politik für Kinder“ ins Leben gerufen. Die nächste Folge erscheint am Sonntag. Auf www.ohrka.de. Wir sprachen mit dem Berliner Journalisten über das digitale Angebot, bei dem auch Schülerinnen und Schüler aus Schwerin mitmachen.
Politik für Kinder – wie ist die Idee für den Podcast entstanden?
Michael Schulte: Es gibt nicht viele Podcasts für Kinder, erst recht nicht, wenn es um Politik geht. Die Bundestagswahl und verschiedene Landtagswahlen in 2021 waren dann ein schöner Anlass, um zu sagen: Warum sollten wir Kindern nicht mal politische Themen in einem Podcast erklären?
Wonach wählen Sie die Themen aus?
Durch die Wahlen lagen natürlich viele Themen auf der Hand. Zum Beispiel: Was macht eine Wahlleiterin oder ein Wahlleiter? Ganz aktuell haben wir das Amt des Bundespräsidenten vorgestellt und erklärt, was eine Bundesversammlung macht. In den kommenden Folgen werden es sicherlich noch detailliertere Fragen sein. Ein wichtiger Punkt ist: Es sollen Themen sein, die Kinder interessieren. Das konnten wir bei allen Fragen immer gegenchecken: In jeder Folge tauchen Kinder als Fragesteller oder Ideengeber auf. Wir waren immer wieder überrascht, welche Ideen und Überlegungen sie haben.
Wie erklärt der Podcast Kindern Politik?
Wir haben in den Podcast-Folgen versucht, alle Fragen zu beantworten, die sie bei den Aufnahmen gestellt haben. Das heißt, wir haben zuerst mit ihnen gesprochen. Dann mit Experten wie der Chefredakteurin der Bundestagskinderseite kuppelkucker.de oder einem Journalisten der Süddeutschen Zeitung, der seit vielen Jahren Politiker und Parteien beobachtet. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Kinder-O-Tönen, Experteninterviews und Informationen, die wir zusammengetragen haben. Letztendlich machen wir es wie die Kindersendung Logo! im Fernsehen oder Kinderradiosendungen wie Kakadu: Fragen in einer Sprache zu beantworten, die 8-Jährige nicht überfordert und für 12- bis 14-Jährige trotzdem noch interessant ist. Das ist immer eine Gratwanderung.
Einige Podcasts haben Sie mit Sechst- und Siebtklässlern der Niels-Stensen Schule in Schwerin aufgenommen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Unser Podcast wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert – und von der Landeszentrale für politische Bildung MV. Da war uns natürlich klar, dass wir auch Kinder aus Schwerin zu Wort kommen lassen möchten. Wir hatten mehrere Schulen angefragt. Die Zusage von dieser Schule kam als erstes. Die Nähe zum Schloss ist natürlich von Vorteil. Denn: In einer Folge geht es auch darum, ob sich Kinder noch einmal einen König oder eine Königin in Deutschland vorstellen können. Da sind sehr interessante Antworten gekommen.
Für die Podcasts haben Sie Kinder der Klassen vier bis sieben besucht. Wie kommen Sie mit ihnen über Politik ins Gespräch?
In jeder Schulklasse gibt es meistens drei bis fünf Themen, über die wir sprechen. Dabei schauen wir, ob das Punkte sind, mit denen sich die Kinder auch beschäftigen. Wir bringen dabei immer einige Fragen zu einem Hauptthema mit. Dann versuchen wir im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern herauszufinden: Wo treffen wir einen Nerv, worüber können sie am besten diskutieren und ihre Ansichten, Fragen und Hinweise einbringen? Bei „Politik für Kinder“ war die ganze Klasse beteiligt. Wir hatten wie in einem Parlament Stühle in einem Halbkreis aufgestellt, sodass alle sofort mitdiskutieren konnten. Die Aufnahmen waren letztlich also auch so etwas wie eine Debatte. Ohne, dass man die Regeln festlegen musste, hatten die Kinder es sehr gut drauf, die anderen aussprechen zu lassen, die Meinungen anderer zu akzeptieren und niemanden auszulachen. Das war sehr angenehm. Durch die Form der Debatte sind Ideen von einem Schüler zum anderen weitergereicht worden.
Welche Folgen sind in Schwerin entstanden?
Das sind die Folgen „Was ist der Unterschied zwischen der Regierung und der Opposition?“ (Folge 5), „Wofür ist der Bundestagspräsident oder die Bundestagspräsidentin zuständig?“ (Folge 6), „Was darf eine Bundeskanzlerin oder ein Bundeskanzler alles bestimmen?“ (Folge 10), „Wie läuft eine Bundestagsdebatte ab?“ (Folge 11) und „Welche Aufgaben haben Ministerinnen und Minister?“ (Folge 14).
Ihr Podcast wird auch von der Kindersuchmaschine „Blinde Kuh“ empfohlen. Das ist doch so etwas wie eine Auszeichnung, oder?
Die Blinde Kuh hat eine Redaktion, die die Inhalte aussucht, die über die Kindersuchmaschine zu finden sind. Die meisten anderen Podcasts stammen von öffentlich-rechtlichen Sendern. Aber auch wir sind mit ausgewählt worden. Darüber sind wir natürlich sehr froh.
Gibt es eine Person, die Sie unbedingt einmal als Gesprächspartner für eine Folge gewinnen möchten?
Zum Beispiel den Bundeskanzler – das wäre natürlich ein schöne Sache. Oder vielleicht die Außenministerin oder einen Bildungsminister. Das sind Anfragen, die wir aber auch schon laufen haben.
Auf Ohrka.de findet man neben dem Podcast „Politik für Kinder“ auch andere Angebote, vor allem Hörspiele. Welche Idee steckt dahinter?
Ohrka gibt es schon seit 2011. Das ist ein Verein, der in seiner Langform „Ohrka – Netzwerk Hörmedien für Kinder“ heißt. Unser Ziel damals war, eine Website zu schaffen, auf der Hörspiele und Reportagen zu hören sind, die kostenlos für Kinder sind, frei zugänglich und ohne Werbung. Wir wollten so etwas wie den Kika für die Ohren schaffen. Mit tollen Schauspielern wie Anke Engelke, Katharina Thalbach oder Stimmen aus den „Drei ???“. Daraus ist ein Angebot von inzwischen fast 100 Stunden geworden. Hörspiele haben den Vorteil, dass sie zeitlos schön sind. Sie können auch nach zehn Jahren immer noch gehört werden.
Wie haben Sie für die Hörabenteuer so bekannte Stimmen wie Anke Engelke oder Katharina Thalbach gewonnen?
Ohrka als Verein ist so etwas wie ein Hörbuch-Label geworden. Am Anfang standen uns Fördermittel des Bundesfamilienministeriums, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zur Verfügung. Das war insgesamt ein sechsstelliger Betrag. Mit diesen Mitteln konnten wir Produktionen umsetzen, so wie es Hörbuchverlage oder die öffentlich-rechtlichen Sender auch tun: Damit konnten wir Regisseure bezahlen, die Autoren der Manuskripte und auch die Schauspielerinnen und Schauspieler. Viele von ihnen haben wir aber auch gewonnen, weil wir ein Projekt für Kinder sind. Teilweise sind sie uns bei den Honoraren auch entgegengekommen. Wir hatten auch zwei tolle Regisseure, die Kontakte zu Schauspielern haben. Das hat uns ebenfalls geholfen. Trotzdem war uns immer wichtig, dass wir die Schauspieler und die Stimmen, die wir engagieren, auch honorieren, weil es ja auch eine professionelle Produktion sein soll.
Wie geht es in diesem Jahr weiter – mit Ohrka und dem Podcast?
Den Podcast möchten wir natürlich gern fortsetzen. Bislang haben wir, abgesehen von einer kleinen Pause im Januar, jeden Sonntag eine Folge veröffentlicht. Anfang März sind die ersten 20 Folgen, die wir geplant haben, online. In welchem Rhythmus es danach weitergeht, loten wir gerade aus. 2022 wird Ohrka.de zudem zehn Jahre alt. Da werden wir sicher noch das ein oder andere neue Hörbuch aufnehmen – natürlich auch wieder mit prominenten Stimmen.