„Ich bin Sophie Scholl“

Vom / Landeskunde, Zeitzeugen

Sophie Scholl, gespielt von Luna Wedler. Bild: SWR/Rebecca Rütten/Sommerhaus Film

Stell Dir vor, es ist 1942 auf Instagram – und Sophie Scholl hat einen Account: @ichbinsophiescholl. Anlässlich ihres 100. Geburtstags holt das Projekt von SWR und BR die Widerstandskämpferin aus den Geschichtsbüchern ins Hier und Jetzt.

Was ist @ichbinsophiescholl?

Erwachsenwerden mitten im Krieg, zwischen erster großer Liebe und den Zwängen der Diktatur: Luna Wedler als Sophie Scholl teilt mit den User/innen ihren Alltag als Studentin in München und nimmt sie mit in den Widerstand gegen Krieg und Gewaltherrschaft. Der Kanal @ichbinsophiescholl ist am 4. Mai gestartet. Das ist der Kalendertag, an dem sich Sophie auf die Zugfahrt nach München zum Studium begibt. Von da an postet sie über das ganze Jahr bis hin zu ihrer Verhaftung im Februar. Sophie Scholl, gespielt von Luna Wedler, lässt ihre Zuschauer emotional, radikal subjektiv und in nachempfundener Echtzeit an den letzten zehn Monaten ihres Lebens teilhaben. Wie sie die Überraschungsparty für ihren Bruder Hans organisiert. Wie sie in den jungen Widerstandskreis der Weißen Rose eintaucht. Wie sie an ihrer Liebesbeziehung mit ihrem Freund Fritz zweifelt, der als Offizier im Russlandfeldzug dient. Basis sind die Briefe und Aufzeichnungen, die Sophie Scholl von Ende 1937 bis zu ihrer Hinrichtung schrieb.

Das Plakat zur Serie. Bild: SWR/Rebecca RŸtten/Sommerhaus Film

Auf ihrem Kanal @ichbinsophiescholl nutzt Sophie verschiedene Tools, die Instagram bietet, zeitversetzt in die NS-Diktatur. Der Kanal gewährt einen überraschenden Einblick in Sophie Scholls Alltag und erzählt unter Einbeziehung von historischem Originalmaterial ihren Weg zu beispielloser Zivilcourage im Widerstand. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die für Freiheit und Gerechtigkeit kämpft. Und dafür alles riskiert. Ein innovatives Projekt von SWR und BR, das Geschichte lebendig macht.

Wer ist Sophie Scholl?

Sophie Scholl ist eine Frau im Hier und Jetzt, eine junge Aktivistin im Jahr 1942, ein vitaler, dynamischer Charakter, so, wie ihn die Quellen, ihre Briefe und Aufzeichnungen, bis heute bereithalten. Ein Schatz, dessen „Erzählkraft“ wie geschaffen scheint für Storytelling auf Instagram.

Stark zweifelnd, fordernd, kommunikativ und Fragen stellend, sich nach Wärme und Nachhaltigkeit sehend, nach Rückzugsräumen in Zeiten von Diktatur, Kriegsalltag und Verfolgung, jung und feministisch, wandelbar, belesen, mit einem nachsichtigen Herzen, einem analytischen, unbestechlichen Geist, eine junge Erwachsene, die ihren Weg sucht im Leben. So erleben die User/innen „den Soffer“, wie sie von Freundinnen, Freunden und Geschwistern genannt wird, auf ihrem Instagram-Kanal.

Gespielt wird Sophie Scholl von Luna Wedler, die 1999 in Zürich geboren ist und u.a. durch die Serie „Biohackers“ auf Netflix bekannt wurde.

Wie erzählt Sophie auf @ichbinsophiescholl?

Die User/innen erleben die Welt der Studentin Sophie Scholl radikal subjektiv und in Echtzeit. Radikal subjektiv, das heißt, Sophie dreht selbst, meist im Selfie-Modus und erzählt immer aus ihrer Perspektive. In Echtzeit bedeutet, wenn Sophie sich am Freitag um 11 Uhr entschließt, den Rest des Seminars zu schwänzen um an den See zu fahren, sind wir zur selben Zeit mit dabei.

Geskriptetes und szenisch inszeniertes Bewegtbild wird mit szenischen historischen Original-Elementen, ob Fotos, Nachrichtenmeldungen oder Propaganda-Material kombiniert. Das Bewegtbild wird größtenteils in der Instastory gepostet und ist das Kernstück des Kanals. Das historische Originalmaterial teilt Sophie im Feed genauso wie Zeichnungen und Animationen. Denn Sophie Scholl war eine talentierte Zeichnerin. Inspiriert von Original-Zeichnungen hat die Künstlerin Édith Carron Illustrationen erstellt, die den Kanal auf individuelle und sehr persönliche Weise ergänzen. Wochenzusammenfassungen als IGTV ergänzen das Bild der jungen, kreativen und willensstarken Frau im dunkelsten Abschnitt deutscher Geschichte.

Wie ist @ichbinsophiescholl entstanden?

Die Idee zu @ichbinsophiescholl entstand in der Geschichtsredaktion des SWR und wurde gemeinsam mit der SWR-Fiktion weiterentwickelt. Im nächsten Schritt wurde der BR für die Zusammenarbeit gewonnen – sowie als Produktionspartner die Sommerhaus Serien, VICE Media und für die Konzeption Unframed Productions dazugeholt. Für die inhaltliche Annäherung haben die Macher/innen zunächst die Historie von Sophies Leben sowie die historischen Ereignisse im Zeitraum der zehnmonatigen Ausspielungszeit von ihrer Ankunft in München am 4. Mai 1942 bis zu ihrer Hinrichtung am 22. Februar 1943 recherchiert und in Zusammenarbeit mit den Historikerinnen Dr. Barbara Ellermeier (Sophie Scholl – Lesen ist Freiheit) und Dr. Maren Gottschalk (Schluss. Jetzt werde ich etwas tun. Die Lebensgeschichte der Sophie Scholl) historisch geprüft.

Als dramaturgischer Leitfaden für die Kanalbespielung wurden im Anschluss ausführliche Treatments (Ira Wedel) erstellt, die alle Ereignisse zusammenfassen. In der weiteren Genese entstanden Monolog- und Dialogbücher (Ira Wedel, Rebecca Martin) als Grundlage für die Spielszenen, die als Instagram-Story erzählt werden und ein zehn Monate umfassender Content-Plan (Melina Voss), der die Übertragung der Inhalte in weitere Postings in Form von Reels, Fotos, Illustrationen und IGTV-Videos widerspiegelt.

Die Basis aller Inhalte wurde innerhalb von drei Wochen im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai gedreht. Zwei Filmteams unter der Leitung von Regisseur Tom Lass und Social Media Redaktionsleiterin Suli Kurban arbeiteten dafür parallel in historisch eingerichteten Motiven in Berlin und München. Das Material wurde hochkant (9:16) aufgezeichnet und zum Großteil aus der subjektiven Perspektive der Hauptdarstellerin Luna Wedler als Sophie Scholl unter Anleitung von Kameramann Johannes Louis selbst gedreht.

Hintergrund

Sophie Scholl, Zeichnung von Édith Carron

www.instagram.com/ichbinsophiescholl

Über das Projekt – hier

Tipps

Mit ihrem Kampf gegen die Nazis ist Sophie Scholl, geboren am 9. Mai 1921, bis heute ein Vorbild. Wer war die Ikone des Widerstands? Der Theologe und Historiker Robert M. Zoske hat die Biografie „Es reut mich nichts – Porträt einer Widerständigen“ veröffentlicht. Der Bericht im Kulturjournal – hier

Bodendenkmal am Haupteingang der Ludwig-Maximilians-Universität. Bild: Ludwig-Maximilians-Universität | Weiße Rose Stiftung/Catherina Hess

Die Weiße Rose Stiftung hat die Aufgabe, an den Widerstand der Weißen Rose gegen den Nationalsozialismus zu erinnern, ihn und die Handelnden zu würdigen sowie Zivilcourage, individuelle Verantwortung und demokratisches Bewusstsein in heutiger Zeit zu fördern. Das Programm zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl – hier

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