Organspenden im Bundestag

Vom / Blick über den Tellerrand, Demokratie, Politik

Bild von Jasmin777 auf Pixabay

Die Situation ist paradox. Nach einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben 84 Prozent der Deutschen eine positive Einstellung zu Organspende. Es besitzen jedoch nur 36 Prozent einen Organspendeausweis. Und die Bereitschaft zur Organspende sinkt. Deutschland gehört zu den Ländern mit den geringsten Zahlen an Organspendern in Europa. Auch weil die Richtlinien strenger sind, wer überhaupt als Spender in Frage kommt. Eine Rolle spielt sicher auch der Transplantationsskandal im Jahr 2012, bei dem die Empfängerlisten zu Gunsten zahlender Patienten manipuliert wurden.

In Mecklenburg-Vorpommern spendeten in 2019 30 Menschen ihre Organe, elf weniger als 2018. Die Zahl der gespendeten Organe sank von 119 auf 97. Bundesweit fiel der Rückgang deutlich geringer aus, aber auch hier sank die Zahl der Spender. Zum Jahresende standen nach DSO-Angaben mehr als 9.000 Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation.

Am Donnerstag steht im Bundestag eine Abstimmung auf der Tagesordnung über zwei fraktionsübergreifende Anträge, die die Zahl der Organspender erhöhen sollen. Einigkeit besteht bei den Antragstellern darin, dass eine Organtransplantation für viele schwerkranke Menschen die einzige Möglichkeit auf Lebensrettung oder Linderung eines schweren Leidens ist. Die Anzahl von Organspendern reicht nach wie vor bei Weitem nicht aus, um den Bedarf an Spenderorganen zu decken. Daher muss die Bereitschaft zur Organspende erhöht werden. Was die Maßnahmen betrifft, treffen sich beide Initiativen darin, dass verstärkte Anstrengungen bei der Information und Aufklärung der Bevölkerung unternommen werden sollen. Und es ist ein bundesweites Register anzulegen, in dem die Entscheidungen zur Organspende erfasst werden.

Eine Gruppe von Abgeordneten um Jens Spahn und Dr. Karl Lauterbach möchte die doppelte Widerspruchslösung einführen. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass ab Oktober 2022 alle erwachsenen Bürger grundsätzlich Organspender sind. Es sei denn, sie widersprechen aktiv der Organspende. Der Widerspruch würde in einem bundesweiten Register erfasst und müsste vor einer möglichen Organspende abgefragt werden. Beim Vorliegen eines Widerspruchs würde die Organentnahme natürlich nicht stattfinden. In einem zweiten Schritt müssten vor einer Organspende die Angehörigen befragt werden, ob ihnen ein Widerspruch des Hirntoten bekannt sei. In beiden Fällen würde ebenfalls keine Organentnahme stattfinden.

Für diese Initiative spricht, dass sie vermutlich die Zahl der Spender deutlich erhöht. In anderen Ländern findet dieses Verfahren bereits Anwendung und hat sich bewährt, z.B. in Spanien, Frankreich und Österreich. Andererseits führt die doppelte Widerspruchlösung voraussichtlich dazu, dass sich auch die Zahl der Spender aus Trägheit, Unwissenheit und Unsicherheit erhöht. Kritiker werfen ihr vor, sie missachte das Selbstbestimmungsrecht der Patienten.

Eine ähnlich große Gruppe von Abgeordneten um Annalena Baerbock und Katja Kipping spricht sich für die Entscheidungslösungaus, eine regelmäßige Ansprache aller potentiellen Organspender. Alle zehn Jahre, beim Abholen des Personalausweises, solle die Bereitschaft zur Organspende abgefragt und die Entscheidung in einem bundesweiten Register erfasst werden.

Der Vorteil dieser Lösung wäre die Freiwilligkeit der Entscheidung zur Organspende. Trotzdem wären die potentiellen Spender gezwungen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Es würde wahrscheinlich eine bewusste, informierte Entscheidung. Die Verfechter der Freiwilligkeit gehen davon aus, dass diese sehr viel häufiger als heute zu Gunsten einer Organspende getroffen wird und sich die Zahl der Spender erhöht. Dagegen spricht, dass der Anstieg der Spenderzahlen voraussichtlich geringer ausfallen würde als bei dem Spahn-Lauterbach-Vorschlag.

Hier können Sie einen Organspendeausweis bestellen: https://www.organspende-info.de/organspendeausweis-download-und-bestellen.html

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