„Losungen mit zeitloser Kraft“

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Die Losungen von oben. Foto: Korintenberg/Kipper

Das Erinnerungszeichen 1989 wird am Freitag in Waren/Müritz eingeweiht. Es heißt: Perspektiven zur Freiheit. Entworfen wurde es von Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper. Wir haben mit der Designerin und dem Architekten über das Projekt gesprochen.

Erinnerungszeichen 1989: Wie sind Sie auf Ihren Entwurf gekommen?

Dagmar Korintenberg/Wolf Kipper: Zunächst haben wir überlegt, was wir beitragen können zum Thema der Ausschreibung. Da wir keine Zeitzeug/innen der Friedlichen Revolution sind, war klar, dass wir keine persönliche Geschichte erzählen und keine Deutung der damaligen Ereignisse vornehmen möchten. Vielmehr wollten wir einen Ort schaffen, der die Vielstimmigkeit der Proteste zeigt, Blickwinkel einzelner Zeitzeug/innen erlebbar macht und auch die Möglichkeit der Beteiligung bietet.

Was hat sich bei den Recherchen ergeben?

Bei unseren Recherchen war uns schnell klar, dass wir mit den Losungen der Demonstrierenden arbeiten wollten, da viele neben ihrer historischen Aussage auch eine zeitlose Kraft besitzen und uns bei unserer Arbeit immer wieder aufs Neue berührt haben. Des Weiteren sind die Fotoaufnahmen einiger Zeitzeug*innen sehr aussagekräftig und zeichnen ein eindrückliches Stimmungsbild. Deshalb wollten wir diese ebenfalls für die Betrachtenden im öffentlichen Raum zugänglich machen.

Ihr Erinnerungszeichen ist in den vergangenen Wochen aufgestellt worden. Wie liefen die Arbeiten?

Dank der engen Zusammenarbeit und tatkräftigen Unterstützung durch die Stadt Waren/Müritz liefen die Bauarbeiten sehr gut. Gemeinsam mit unserem Metallbauer aus Leipzig konnten wir alles wie geplant fertig stellen.

Wie haben denn die Passanten in Waren/Müritz reagiert?

Während der Arbeiten hinter dem Bauzaun hatten wir leider nicht viel Kontakt zu Passant/innen und Anwohner/innen. Das Informationsbanner auf dem Bauzaun haben sich aber einige Tourist/innen angesehen, die beeindruckt waren, dass sie hier am Ort der ersten Demonstrationen in den Nordbezirken der ehemaligen DDR stehen.

Welche Funktion soll das Erinnerungszeichen erfüllen?

Die Grundidee unseres Entwurfes ist es, die Losungen der Friedlichen Revolution 1989 wieder im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Die zusätzlich über eine App aufrufbaren Zeitzeug/innen-Fotos können für Beteiligte Erinnerungen aufleben lassen und gleichzeitig für Außenstehende Informationen bieten und ein Stimmungsbild schaffen.

Die digitale Anwendung spielt eine wichtige Rolle.

Dadurch möchten wir einen breiten Zugang für unterschiedliche Altersgruppen wie auch die jüngere Generation ermöglichen. Bei unseren Recherchen hatten wir auch immer wieder spannende und beeindruckende Gespräche mit Zeitzeug/innen. Wichtig war uns, dass die Möglichkeit dieser Beteiligung von Zeitzeug/innen nicht mit der Fertigstellung des Denkmals endet. Deshalb besteht auch weiterhin die Möglichkeit, Bilder zum digitalen Teil des Denkmals beizutragen. So hoffen wir, dass der Vorplatz der St.-Georgen-Kirche zu einem Möglichkeitsraum wird, einem Ort des Erinnerns, der Information und des Austauschs.

Wie werden eigentlich die anderen Orte von 1989 eingebunden?

Zum einen war es uns bei der Auswahl der Losungen aus Mecklenburg-Vorpommern wichtig, dass die Zitate aus möglichst vielen Orten kommen. Auch die Fotos in der digitalen Anwendung haben diesen starken Ortsbezug. So haben wir Zitate und Ansichten aus Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Greifswald, Güstrow und Waren im Denkmal vereint.

Auf den Tafeln in Waren: Gibt es da eine Losung, die Sie besonders beeindruckt?

„Eine Hoffnung lernt gehen“ – weil in diesem kurzen Satz so viel von der Geschichte der Friedlichen Revolution steckt. Von der Hoffnung als einem Ausgangspunkt, dem Aufbruch bis hin zum Großwerden der Proteste.

Und wenn Sie eine zweite Losung nennen sollen?

Dann: „Frieden ohne Waffen, Mauern und Stacheldraht“ – weil diese Aussage eine der Grundforderungen der Friedlichen Revolution 1989 widerspiegelt, sie aber auch eine zeitlose Kraft besitzt und zeigt, dass demokratische Werte überall auf der Welt und immer wieder aufs Neue verhandelt und verteidigt werden müssen.

Das Erinnerungszeichen als Entwurf.

Der Festakt

Das Erinnerungszeichen 1989 wird am Freitag mit einem öffentlichen Festakt in der Georgenkirche in Waren (Müritz) feierlich eingeweiht. Beginn 10 Uhr. Veranstalter sind die Stadt Waren (Müritz), die Landeszentrale für politische Bildung und die Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.


PROGRAMM

10 Uhr: St. Georgen

Moderation: Frank Breuner

Redebeiträge von

  • Anja Lünert, Pastorin von St. Georgen
  • Dietmar Henkel, Stellvertretender Bürgermeister der Stadt Waren (Müritz)
  • Birgit Hesse, Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern
  • Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern 

Gespräch mit Zeitzeugen

mit Christoph de Boor /Waren) und Dietlind Glüer (Rostock)

Vorstellung der digitalen Erweiterung des Erinnerungszeichens durch die Künstler Wolf Kipper und Dagmar Korintenberg

Feierliche Enthüllung des Erinnerungszeichens

Den musikalischen Rahmen gestalten Mitglieder der Kinder- und Jugendkantorei St. Georgen (Leitung Christiane Drese) sowie der Posaunenchor St. Marien (Leitung Ralf Mahlau). Die Anzahl der Sitzplätze ist begrenzt. Eine Audio-Outdoor-Übertragung des Festaktes ist vorgesehen.

ca. 11.30 Uhr: Ende der Veranstaltung

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