Das neue Buch von Dr. Gudrun Heinrich und Ute Schmidt. In „Demokratie gemeinsam stärken!“ geht es um die Herausforderungen für Bund und Länder sowie die Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern, wo es seit 2006 ein eigenes Landesprogramm gibt. Hier eine Leseprobe. Das Buch ist im LpB-Shop erhältlich.
Im Jahr 2006 verabschiedete der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern das erste Landesprogramm unter dem Titel „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“. Seitdem haben sich die Herausforderungen verändert, das Feld der Akteure erweitert und die Aufgaben ausdifferenziert. Die Idee, die Erfahrungen der Akteure in diesem Feld zusammenzufassen und zu reflektieren, entstand 2019, als die Landeskoordinierungsstelle unter anderem mit der fachlichen Expertise der Arbeitsstelle Politische Bildung das Landesprogramm überarbeitete und die darauf aufbauende Umsetzungsstrategie vorbereitete.
Ziel war es, die unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen im Bundesland zu bündeln und in einem Sammelband zusammenzuführen. Im Mittelpunkt stehen daher die Erfahrungen und Analysen der Aktiven vor Ort.
In Mecklenburg-Vorpommern wurde relativ frühzeitig begonnen, die Arbeit im Themenfeld Demokratie und Toleranz über ein Landesprogramm und eine Umsetzungsstrategie zu steuern. Landesmittel und später auch Bundesmittel sollten koordiniert eingesetzt werden. Dabei bleiben die Strukturen eines Flächenlandes mit ländlichen Räumen und wenigen urbanen Zentren eine Herausforderung. Ökonomische Schwächen, eine aus der Wende resultierende Skepsis gegenüber politischen Parteien und rechtsextreme Strukturen, die von 2006 bis 2016 durch eine Landtagsfraktion subventioniert werden konnten, prägten lange Zeit die Arbeit. In den Jahren 2015 und 2016 stellte die Zuwanderung geflüchteter Menschen die Strukturen und Aktivitäten im Themenfeld Demokratie und Toleranz vor große Herausforderungen.
Aus unserer Sicht ist es in Mecklenburg-Vorpommern gelungen, eine strukturierte und zur Kooperation fähige Landschaft von Akteuren, Initiativen und Trägern der Demokratiebildung und Extremismusprävention aufzubauen. Dabei bleiben noch zahlreiche Schwächen und Leerstellen, weshalb die Weiterentwicklung eine ständige Herausforderung darstellt.
Der vorliegende Sammelband soll zum einen die Erfahrungen der Akteurinnen und Akteure im Land darstellen und reflektieren und damit zum gegenseitigen Verständnis beitragen und zu weiteren Kooperation anregen. Zum anderen sollen die Erfahrungen auch für Träger, Initiativen und politische Entscheiderinnen und Entscheider in anderen Bundesländern sichtbar gemacht und dokumentiert werden.
Die Einführung in das Politikfeld geschieht aus zwei Perspektiven. Zunächst beschreiben die Herausgeberinnen die Entwicklung des Politikfeldes im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Gudrun Heinrich begleitet als Leiterin der Arbeitsstelle Politische Bildung an der Universität Rostock das Themenfeld seit über 20 Jahren. Gemeinsam mit Ute Schmidt, Leiterin der Landeskoordinierungsstelle Demokratie und Toleranz, benennt sie im einführenden Beitrag zentrale Wegmarken, Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Demokratieförderung.
Thomas Heppener wirft als Leiter der Unterabteilung „Demokratie und Engagement“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Blick auf die Entwicklung der Bundesprogramme und beschreibt ihre Rolle in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren und Strukturen in den Ländern.
Das Politikfeld ist nicht ohne die landesspezifischen Rahmenbedingungen zu verstehen. Jan Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock, beschreibt die politische Kultur des Landes und analysiert die Entwicklung der Parteien und deren Wahlergebnisse.
Die Strukturen der Demokratieförderung und Extremismusprävention in Mecklenburg-Vorpommern sind bewusst als Netz dezentraler und spezialisierter Angebote aufgebaut. Die Knotenpunkte dieses Netzwerkes stellen die Regionalzentren für demokratische Kultur an fünf Standorten im Bundesland dar. Sie sind als Beratende im Themenfeld die Expertinnen ihrer Regionen. Das Ziel der Regionalanalysen aus der Feder der Mitarbeitenden der Regionalzentren ist es nicht, die Arbeit der Zentren zu schildern, sondern die Regionen mit ihren spezifischen Herausforderungen zu analysieren und die auf diese Lage orientierte Arbeit mit ihren Herausforderungen und Chancen zu beschreiben. So sollen Erfahrungen für andere nachvollziehbar gemacht und Lerneffekte ermöglicht werden. Entstanden sind Regionalanalysen aus dem Landkreis und der Hansestadt Rostock sowie den Regionen Mecklenburgische Seenplatte, Vorpommern-Greifswald, Vorpommern-Rügen und Westmecklenburg, die sowohl die Unterschiedlichkeit der regionalen Bedingungen herausarbeiten als auch gemeinsame Herausforderungen in den ländlichen Strukturen benennen.
Für die Beschreibung der themenspezifischen Handlungsfelder wurden einzelne Bereiche ausgewählt, in denen Mecklenburg-Vorpommern über spezifische Erfahrungen verfügt. Auch hier kommen die Akteurinnen und Akteure sowie die Begleitenden der Prozesse selbst zu Wort. Die Fachhochschule Güstrow engagiert sich für eine nachhaltige Verankerung des Themenfeldes in der Aus- und Fortbildung von Polizei und Verwaltung. Seit dem ersten Landesprogramm 2008 arbeitet das Betriebliche Beratungsteam landesweit in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften, um in den betrieblichen Strukturen vor Ort Beratung, Fortbildung und direkte Unterstützung in Krisenfällen an- zubieten.
Sie sind ebenso Mitglied im landesweiten Beratungsnetzwerk wie der Verein LOBBI e. V., der mit unterschiedlichen Standorten landesweit vertreten ist und die Beratung Betroffener rechter Gewalt verantwortet. Die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement hat in Mecklenburg-Vorpommern durch die Etablierung einer landesweiten Ehrenamtsstiftung einen festen Platz. Die Geschäftsführerin und die ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende beschreiben ihre Arbeit und erläutern die Bedeutung des Ehrenamtes für das Handlungsfeld der Demokratieförderung. Die Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit ist durch die Projekte JUMP (zuständig für den Bereich Rechtsextremismus) und Bidaya (zuständig für den Bereich religiös motivierter Extremismus) im landesweiten Beratungsnetzwerk vertreten. Bildung und Erziehung sind zentrale Handlungsfelder der Demokratiebildung und Extremismusprävention.
Eine besondere Expertise liegt für die frühkindliche Erziehung vor, die schon frühzeitig einen Schwerpunkt der landesweiten Unterstützungsarbeit darstellte. Der Lernort Schule bleibt ein zentraler Sozialisationsraum, den es für die Befähigung zur Demokratie zu nutzen gilt. Im landesweiten Beratungsnetzwerk ist es gelungen, eine Kooperation der verschiedenen zivilgesellschaftlichen Träger und staatlichen Akteure aus Ministerien und Sicherheitsbehörden zu etablieren. So ist auch die Perspektive der Sicherheitsbehörden durch einen Beitrag der Landesbehörde für Verfassungsschutz und des Landeskriminalamts als Teil der Beschreibung des Handlungsfelds aufgeführt.
Der Band schließt mit zwei Perspektiven. Reiner Becker, Leiter des Demokratiezentrums in Hessen, blickt in einem Interview auf die Genese der Landesprogramme zurück und zeigt Eckpunkte künftiger Entwicklungen auf. Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, bei der die Landeskoordinierungsstelle beheimatet ist, schließt mit seinen Analysen den Band ab.
Die Herausgeberinnen hoffen, dass die Analysen und Erfahrungsberichte Mut machen, das Themenfeld strukturell weiterzuentwickeln und vernetzt aufzustellen. Die Kontaktdaten am Ende des Bandes dienen dazu, bei den Expertinnen und Experten nachzufragen und eine Vernetzung über die Landesgrenzen hinweg zu intensivieren.
Dr. Gudrun Heinrich, seit 2008 Leiterin der Arbeitsstelle Politische Bildung am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock
Ute Schmidt, seit 2007 Leiterin der Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz in Mecklenburg-Vorpommern
Aus dem Inhalt
Rahmenbedingungen
Demokratiebildung und Extremismusprävention in Mecklenburg- Vorpommern
Herausforderungen, Ansätze und Entwicklungen der Bundesprogramme Parteien, Politik und Politische Kultur in Mecklenburg-Vorpommern
Regionalanalysen
Landkreis und Hansestadt Rostock Mecklenburgische Seenplatte Vorpommern-Greifswald Vorpommern-Rügen Westmecklenburg
Handlungsfelder
Aus- und Fortbildung von Polizei und Verwaltung Beratungsangebote für Betriebe Betro enenberatung und deren Perspektiven Bürgerschaftliches Engagement
Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit in zwei Phänomenbereichen Frühkindliche Bildung
Lernort Schule
Perspektiven der Sicherheitsbehörden
Perspektiven
Erfahrungen und Entwicklungen der Landesprogramme Rückblick und Ausblick
Mit Beiträgen von
Reiner Becker, Hartmut Gutsche, Heike Habeck, Gudrun Heinrich, Thomas Heppener, Konstanze Kappell, Wolfgang Klameth, Hannelore Kohl, Yannick von Lautz, Adriana Lettrari, Sophie Lübcke, Jan Müller, Michél Murawa, Christiane Schilf, Jochen Schmidt, Ute Schmidt, Elisabeth Siebert, Christian Ulbricht, Maria-Luisa Waßmann, Delphine Wollenberg, Paul Zimansky, LOBBI e. V., Landesbehörde für Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern und Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern, Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg
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