„Wunden und Narben bleiben“

Vom / Landeskunde, Zeitzeugen

Aus der Wanderausstellung „Zersetzung. Repressionsmethode des Staatssicherheitsdienstes“

Aufarbeitung. Ein bleibendes Thema, auch 32 Jahre nach dem Ende der DDR. Über Fragen zur Aufarbeitung diskutieren rund 200 Teilnehmer/innen bis Sonntag in Rostock auf dem 25. Bundeskongress der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie der Bundesstiftung Aufarbeitung.

„Mit dem Ende des SED-Staates vor nunmehr 32 Jahren begannen die Debatten um die Anerkennung von Unrecht, die strafrechtliche Verfolgung der Täter sowie die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer“, heißt es in der Mitteilung der Landesbeauftragten. „Die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze von 1992/1994 und ihre Novellierung 2019 waren wichtige Meilensteine auf diesem Weg. Sie mussten zum Teil hart erkämpft werden, nicht zuletzt von den Betroffenenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen. Trotz allem Erreichten sind insbesondere bei den Betroffenen, aber auch gesellschaftlich eine Reihe von Wunden und Narben zurückgeblieben.“

Vor 30 Jahren trat das 1. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in Kraft. Aus diesem Anlass beschäftigt sich der diesjährige Bundeskongress gemeinsam mit Politikern, Juristen, Historikern, Psychologen sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mit drei großen Fragen: Welche Formen der Aufarbeitung stehen Politik, Gesellschaft und dem Einzelnen zur Verfügung? Was braucht es neben juristischer Aufarbeitung und finanzieller Entschädigung? Wie gelingt es, mit dem erfahrenen Unrecht und den erlittenen Verletzungen zu leben?

„Auch wenn die Zeit vergeht, so heilen längst nicht alle Wunden. Das zeigt sich vor allem in der nach wie vor hohen Zahl der Nachfragen nach Beratung und Entschädigung hinsichtlich durch die SED-Diktatur erlebten Unrechts“, sagt Kulturstaatssekretärin Susanne Bowen. „Die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung in Mecklenburg-Vorpommern und ihre Mitarbeitenden helfen mit ihrer umfassenden Beratungsarbeit den Betroffenen in ihrer großen Not. Denn diese stehen oft zwischen dem Wunsch, nach vorne zu schauen und dem Leid der Erinnerung an die erlebten psychischen und physischen Traumata“, so Bowen. Mit ihrer Aufklärungsarbeit über die SED-Diktatur, die gesellschaftlichen Folgen und die Schicksale der Einzelnen leiste die Landesbeauftragte gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung junger Menschen in Mecklenburg-Vorpommern.

Bundeskongress
Freitag bis Sonntag in Rostock

Veranstalter
Konferenz der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur, Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Das Programm – hier

Hintergrund

Die Landesbeauftragten

Anfang der 1990er-Jahre wurden in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Behörden der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen eingerichtet, 2009 folgte das Land Brandenburg mit der Wahl einer Beauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur. Die Landesaufarbeitungsbeauftragten hatten die Stasi-Akten nie zu verwalten und sind nicht zu verwechseln mit den dafür zuständigen Außenstellen des Stasi-Akten-Archivs. Die Volkskammer hatte im August 1990 beschlossen, dass für die dezentral in den Ländern zu verwaltenden Sonderarchive mit den Stasi-Akten Landesbeauftragte gewählt werden sollten. Der Bundestag entschied sich dagegen im Dezember 1991 mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz für eine zentrale Verwaltung durch einen Bundesbeauftragten. Für die Länder war im Gesetz die Einrichtung von Landesbeauftragten für länderspezifische Belange im Umgang mit den Akten sowie für die Bürgerberatung zu Fragen, Problemen und Konflikten vorgesehen, die sich aus der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit ergeben. Weitere Infos – hier

SED-Unrechtsbereinigungsgesetze

Mit der Einführung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze 1992 und 1994 wurden die Landesbeauftragten mit ihrem Beratungsangebot zu wichtigen Anlaufstellen für Betroffene im Zusammenhang mit Verfolgung und Repression in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR oder mit der Aufarbeitung und Aufklärung des eigenen Schicksals oder des Schicksals von Angehörigen. Neben der Beratung gehört die politisch-historische Aufarbeitung zu den Aufgaben der Landesbeauftragten, mit regionaler Forschung, Publikationen und politischer Bildung. Diesem Aufgabenprofil entsprechend und auch um die Aufarbeitung von der Fokussierung auf die Stasi weg hin zu einer gesamtheitlichen Betrachtung der SED-Diktatur zu lenken, sind in den vergangenen Jahren die Landesbeauftragtengesetze angepasst und die Behördenbezeichnungen geändert worden – so Anfang 2019 auch in Mecklenburg-Vorpommern. Aufgrund neuer Regelungen für zusätzliche Betroffenengruppen wie ehemalige Heimkinder, Minderjährige in sonderpädagogischen, psychiatrischen und Behinderteneinrichtungen oder Sportgeschädigte sowie aufgrund der Entfristung der Rehabilitierungsgesetze ist der Bedarf an Beratung bei den Landesbeauftragten nach wie vor hoch. Weitere Infos – hier

Der Bundeskongress

Der von den Landesbeauftragten und der Bundesstiftung Aufarbeitung seit 1996 jährlich in einem anderen Bundesland ausgerichtete Bundeskongress hat sich als das einzige bundesweite und internationale Forum für die Vertreter von Verbänden und Initiativen zu Fragen der Aufarbeitung der SED-Diktatur etabliert. Alle Infos auf der Seite der Landesbeauftragten – hier

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