Hintergrund: Volkstrauertag

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In der Bundesrepublik Deutschland ist er seit 1952 ein staatlicher Gedenktag. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es den Volkstrauertag erst seit der Wiedervereinigung. Unser Hintergrund.

Tafel auf der Kriegsgräber- und Gedenkstätte Golm (Insel Usedom). Foto: S. Kuska

Der Volkstrauertag wurde nach dem Ersten Weltkrieg vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Todesopfer ins Leben gerufen. Die erste offizielle Feierstunde gab es 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin. 1934 machten die Nationalsozialisten aus dem Volkstrauertag einen „Heldengedenktag“ – und einen Staatsfeiertag.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte der Volkstrauertag zurück. 1950 gab es die erste Feierstunde im Plenarsaal des Bundestag. Die DDR hingegen legte den zweiten Sonntag im September als „Internationalen Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg“ fest. Erst mit der Wiedervereinigung wurde der Volkstrauertag auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR eingeführt. Heute wird am Volkstrauertag allgemein der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht.

Jedes Jahr ein anderes Datum

Seit 1952 wird der Volkstrauertag am vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent begangen – und damit immer an einem anderen Datum. Bis 1951 fiel er (ebenso wie der einstige Heldengedenktag) auf einen Sonntag im Februar oder März. Mit der Verschiebung ans Jahresende sollte auch eine zeitliche Nähe zum Heldengedenktag vermieden werden.

Corona bremst Veranstaltungen aus

Normalerweise finden am Volkstrauertag bundesweit Gedenkveranstaltungen und Gottesdienste statt. In diesem Jahr wird es Corona-bedingt statt öffentlicher Veranstaltungen stille Kranzniederlegungen geben. Die zentrale Gedenkstunde im Bundestag wird mit einer begrenzten Teilnehmerzahl erfolgen – und am Sonntag ab 13.30 Uhr live vom Parlamentsfernsehen übertragen. Der Live-Stream ist auf bundestag.de abrufbar.

Die Gedenkrede halten wird der britische Thronfolger Prinz Charles. Grund: Das Gedenken steht in diesem Jahr im Zeichen der deutsch-britischen Freundschaft 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der britischen Königsfamilie an der zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag teilnimmt.

Bundespräsident passt Totengedenken an

Das Totengedenken selbst spricht traditionell der Bundespräsident. Das hatte Theodor Heuss 1952 so eingeführt. Das Totengedenken benennt die Opfergruppen, derer am Volkstrauertag gedacht wird. Der Text wurde im Laufe der Zeit mehrfach angepasst – und enthält auch in diesem Jahr eine neu gefasste Passage. Damit gedenke der Bundespräsident am Volkstrauertag von nun an auch ausdrücklich der Opfer terroristischer, politischer, islamistischer, rassistischer und antisemitischer Anschläge und Morde, die in den vergangenen Jahren Teil einer bedrückenden Realität in Deutschland geworden sind, so das Bundespräsidialamt.

Der vollständige Text des Totengedenkens lautet:


„Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.

Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.

Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“


„Dieses Gedenken ist wichtig, weil es nicht nur in die Vergangenheit gerichtet ist, sondern uns immer wieder mahnt, aus unserer Geschichte für die Gegenwart und die Zukunft zu lernen“, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Landtagspräsidentin Birgit Hesse.

Hintergrund

Die Kriegsgräber- und Gedenkstätte Golm (Foto oben) u.a. sind im Gedenkstättenführer MV zu finden. Die Broschüre kann man herunterladen oder kostenlos bestellen: hier geht’s zu den LpB-Publikationen

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